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Es ist mal wieder so weit: Der Drang nach einem etwas längeren Segeltörn hat mich gepackt. Alters bedingt (immerhin bin ich inzwischen ganz offiziell Opa) und vor allem bedingt durch meine langsam wachsende Behinderung mit dem rechten Arm müssten die Ziele eigentlich inzwischen schon kürzer gesteckt werden: Diesmal habe ich mir doch noch mal die Orkneys vorgenommen. Mal sehen, ob es diesmal klappt.
Mit der Schleusung um 11 Uhr geht es raus auf die Jade. Der Wind ist frisch und kommt aus westlicher Richtung. Er soll später nördlicher drehen, weshalb ich bereits deutlich vor Hochwasser ausgelaufen bin, um in der Zeit bis zur Winddrehung möglichst viel Strecke Richtung Nord gut zu machen.Über Wangerooge sieht man eine seltsam gelbliche Wolke – vermutlich aus aufgewirbeltem Sand. Mangels Wolken ist das bei strahlend blauem Himmel wohl ein Vorbote einer kräftigen Bö. Solche waren auch bereits im Wetterbericht angesagt worden und tatsächlich brist es eine halbe Stunde später auf West 7 auf. Mit Mühe bekomme ich die Genua ein-gerefft und reffe auch das Großsegel. Insgesamt geht es mir danach noch gut und der Wind pendelt sich im weiteren Verlauf des Nachmittags bei konstant West 6 ein. Milan läuft zwischen 5 und 7 Knoten Richtung NNW. Westlich von Helgoland erwischt mich dann so langsam die Seekrankheit, die ich eigentlich schon komplett überwunden glaubte. Das wird dann rasch richtig schlimm, sodass die Geschichte absolut keinen Spaß mehr macht. - Röhrend hänge ich immer wieder über meiner Toiletten-Schüssel und habe dabei regelrechte Aussetzer, bei denen es mir in den Ohren pfeift und vor den Augen flimmert. So schlimm habe ich das schon ewig nicht mehr gehabt und gegen Abend beschließe ich entnervt aufzugeben und dem Gestampfe ein Ende zu bereiten indem ich abfalle und wieder südlichen Kurs einzuschlagen. Auf Päckchen-Liegerei im Hafen von Helgoland habe ich auch keine Lust und so liege ich am nächsten Vormittag wieder an meinem Liegeplatz in Hooksiel. - Außer einer Schleife von 110sm ist also nichts dabei heraus gekommen. Eigentlich wäre es ja gar nicht so schlecht gelaufen. - Wann segelt man mit Milan schon mal konstant mit 5-7kn in die richtige Richtung. Aber wenn die Crew schlapp macht geht es halt auch nicht ;-).
Nach ein paar Tagen mit kleineren Wartungsarbeiten (Diesel-Filter tauschen, Außenhaut vom Dinghi aus mit Zitronensäure reinigen ...) ist das Wetter weniger rau geworden und es scheint bei westlichen Winden machbar zumindest Norwegen anzusteuern. Schottland habe ich mir vorerst aus dem Kopf geschlagen.
Der Wind weht wiederum frisch, diesmal zunächst aus südwestlicher Richtung.
Dementsprechend flott rauscht Milan gen See, - bei Minsener Oog zeitweise mit über 8 kn über Grund Allerdings fährt das Vorschiff dort immer wieder mal unter Wasser. - Das Vorluk scheint auch solche Wassermengen gut ab zu halten. Früher hatten wir da bei solchen Brechern schon manchmal etwas Wasser in der Vorschiffs Koje. Jetzt bleibt alles trocken. 2 Segler, die mit mir in der Schleuse waren, sind hinter mir zurück geblieben.
Nachdem Minsener Oog passiert ist, bleiben die Überflutungen des Vordecks aus. Obwohl es auch diesmal rau ist, bleiben Symptome der Seekrankheit aus. Um nicht von dem sich nordwestlich Helgoland erstreckenden großen Windpark frei kreuzen zu müssen fahre ich zunächst allerdings auch mit halbem Wind östlich von Helgoland vorbei. Dabei sind die Bewegungen für mich natürlich auch angenehmer als am Wind und ich komme mit 6-7 kn recht schnell voran.
Hinter Helgoland will ich dann ein Stück anluven, um später die sich weit vor die dänische Küste erstreckenden Untiefen Horns Rev außen zu umsegeln. Beim Abstecken des Kurses zu der ca. 90sm entfernten Tonne „Horns Rev West“ muss ich allerdings feststellen, dass ich bei meiner Planung den westlich von Sylt gelegenen zweiten deutschen Windpark auf der Strecke unberücksichtigt gelassen habe. - Den kann ich nämlich von hier aus nicht ohne zu kreuzen westlich umfahren und so beschließe ich, auch diesen östlich zu passieren, was aber zu Folge hat dass ich danach dann bei dem langsam recht drehenden Wind Horns Rev W nicht mehr anliegen kann.
Nördlich vom Sylter Windpark gehe ich dann hoch an den Wind und schon wird es wie ungemütlicher. Seekrankheit bleibt glücklicherweise weiterhin aus. - Es scheint dass ich mich nun akklimatisiert habe. Müdigkeit ist allerdings schon ein Thema: Das kurze Intervall Schlafen von max. einer halben Stunde zermürbt mich doch recht schnell. Gegen 3 Uhr am Freitag morgen passe ich beim Abstieg in die Kabine einmal nicht auf und falle beim Überholen in einer Welle auf den fest gestellten Herd. Dessen Festellblech reißt dabei aus dem Holz und der Topf-Rahmen wird übel verbogen. Den verbogenen Rahmen bekomme ich gleich ganz gut wieder gerade, aber die Feststell Einrichtung ist unterwegs nicht zu reparieren. Damit der Herd in seiner Kardanik nicht in den teilweise ruppigen Bewegungen immer wieder an seine Anschläge schwingt blockiere ich ihn provisorisch mit 2 Holz-Keilen.
Am Morgen stehe ich dann vor Horns Rev. Der Wind hat auf NW gedreht und ich müsste aufkreuzen. Da ich zum Einen recht müde bin und zum Anderen gerne erst mal die Feststellung vom Herd reparieren möchte, beschließe ich in das querab liegende Fahrwasser Grådyb und in den Hafen von Nordby auf der Insel Fanø einzulaufen.
Das Einlaufen verläuft leider weniger professionell, als ich mir das wünschen würde. Bei Einlaufen durch die Baggerrinne laufe ich erst mal auf den Sand gegenüber vom Fähranleger, weil ich etwas mehr Abstand zum Bug der Fähre lassen wollte die schon Anstalten machte wieder abzulegen. - Obwohl noch deutlich innerhalb der Fahrwasser Markierungen, ist es hier schon 30m abseits vom Bug der Fähre (2h nach Niedrigwasser) zu flach für Milan. Mit Vollgas zurück komme ich glücklicherweise gleich wieder frei und kann meine Fahrt dicht am Bug der Fähre vorbei fortsetzen. Diese muss allerdings nun doch auf mich warten und gibt etwas ungeduldig ein Schallsignal.
Der Empfang im Segelclub Fanø ist ausgesprochen freundlich und unformell. Es gäbe sogar eine Küche mit Geschirrspüler, die mir zur Nutzung angeboten wird. Beim Liegegeld setzt man ganz auf Vertrauen: Ich bekomme einen Umschlag, den ich vor der Abfahrt dann mit dem Geld in den Briefkasten des Clubs werfen soll. Einen ausgewiesenen Hafenmeister scheint es auch nicht zu geben. Es ist wohl immer irgend jemand vom Club vor Ort, der dann Gäste empfängt und die Umschläge ausgibt.
Den Nachmittag verschlafe ich erst mal weitgehend und mache dann am Abend noch einen Spaziergang durch Nordby mit seinen teilweise wunderschönen, Reet gedeckten Häusern. Interessant finde ich dabei auch die teilweise recht frivolen Exponate der Kunst Gallerie am Ort, z. B. dieses im Fenster ausgestellte Werk:
schon
beinahe am Süd Ende der Insel und hat auf
Es ist ja schon etliche Jahre her, dass wir mal mit Familie hier waren, aber ich habe von daher immer noch sehr angenehme Erinnerungen an diese dänische Insel. Damals waren wir zu Fuß nur in der näheren Umgebung des Hafens auf Erkundungs Tour und Ralf hatte viel Spaß bei ganz selbständigen Segel Abenteuern im Hafen mit dem Banana Boot. Diesmal will ich die Insel etwas weiträumiger „erfahren“ und mache daher das Bord-Fahrrad klar. Am ersten Tag geht es entlang der Haupt Inselstraße nach Sønderho. Das liegt schon fas am Süd Ende der Insel und hat einen kleinen, trocken fallenden Naturhafen. Früher lagen hier wohl noch Jollen an Bojen, aber jetzt scheinen Kajak Fahrer die einzigen Nutzer zu sein. Der Priel ist auch leider für größere Boote zu flach.
Am Folge Tag fahre ich eine Route, die mich erst mal an den scheinbar endlos langen und breiten West Strand von Fanø führt. Der Sand ist hier überall ausgesprochen fest, sodass sogar Autos darauf fahren können, was auch ausgiebig genutzt wird. Da die Strandfläche wirklich riesig ist stören die Autos auch gar nicht weiter.Richtung Norden komme ich gegen steifen Wind kaum vom Fleck, dafür muss ich auf meinem Weg nach Süden über lange Strecken gar nicht treten, um langsam zu rollen.
Wenn man dann vom Strand aus Richtung Osten abbiegt kommt man durch einen sehr idyllische Wald, in dem es einen wunderschönen Süßwasser-See gibt. Allles in allem ist Fanø auf jeden Fall ein lohnendes Ziel, insbesondere wenn man sich ein paar Tage Zeit nimmt, die vielfältige Landschaft mit dem Rad zu erkunden.
Gegen 11 Uhr mache ich mich wieder auf den Weg, - diesmal nach der beim Einlaufen gesammelten Erfahrung natürlich ohne Grundberührung. Das Kreuzen heraus aus dem Grådyb gestaltet sich bei frischem NW Wind anstrengend aber ohne weitere Probleme. Nachdem ich einige Stunden bei westsüdwestlichem Kurs gesegelt bin, um von Horns Rev frei zu kommen, kann ich gegen Abend wenden und bei NNWlichem Kurs die norwegische Südküste anliegen. Vorläufiges Ziel dort wäre Egersund. Das liegt schon relativ weit westlich und würde mir ggf. doch noch den Weg nach Schottland ermöglichen: Von dort wären es zu den Orkneys nur ca. 280sm Richtung West. Außerdem habe ich Egersund noch als nettes Plätzchen von einem viele Jahre zurück liegenden Aufenthalt in Erinnerung.
Der Wind dreht im Lauf des Tages langsam auf Südwest und so kann ich bequem Richtung Ziel segeln, - mal nicht hoch am Wind, wo Milan sonst ja grundsätzlich eher widerwillig voran schreitet.
Das Wetter ist so stabil, dass ich sogar die „Kuchenbude“ aufbaue, die ich beim Auslaufen etwas feucht zusammen packen musste. Unter diesem Zelt segelt es sich angenehm warm während der Wind außerhalb sich doch recht kühl anfühlt. Gegen Abend baue ich die Kuchenbude aber doch lieber wieder ab. - Man wäre sonst bei schnell nötig werdenden Segelmanövern etwa zum Ausweichen doch behindert.
Der Tag vergeht bei leichtem südwestlichem Wind sehr entspannt. Gegen Mittag kommt bereits bei mehr als 30sm Entfernung die hohe norwegische Küste in Sicht. Leider schläft der Wind am Abend bei 15sm Entfernung zur Küste komplett ein und ich berge erst einmal die Segel und lege mich schlafen.
Ein Kontroll-Blick um 00:30 ergibt dass sich ein leiser Windhauch regt und nachdem ich die Segel wieder gesetzt und getrimmt habe kann ich mit immerhin ca. 3 Kn Fahrt weiter Richtung Egersund segeln. Leider schläft der Wind dann gegen Morgen erneut ein und so bemühe ich dann doch noch für ca. 3h die Maschine, um gegen 9 Uhr in Egersund einzulaufen. In der Einfahrt liegt eine riesige mobile Offshore Plattform, die sich offenbar mit 4 turmhohen Stützen selbst über die Wasser Oberfläche stemmen kann. Ein faszinierendes Monstrum, dem ich im Vorbeifahren etliche Fotos widme.
Der Landaufenthalt in Egersund ist einfach wunderschön. Es gibt sehr vielfältige Möglichkeiten für Wanderungen in der näheren Umgebung. Ein Highlight ist die Wanderung über Stock und Stein zum „Trollpikken“. An diesem Tag laufe ich gut und gern 20km aber für meine Begriffe hat es sich wirklich gelohnt. Auf dem Rückweg ist sogar noch ein FKK-Bad in einem einsamen See, den ich ganz für mich allein habe möglich.
Der Verkehr in Norwegen ist extrem Fußgänger und Radfahrer freundlich: Aller Orten gibt es markierte Fußgänger Überwege und die Autos halten sehr diszipliniert immer schon voraus schauend an, sodass man als Fußgänger beim Überqueren der Straße nur ganz selten zwischen stoppen muss. Die Regelung bezüglich abbiegender Autos an Kreuzungen ohne Zebrastreifen ist aber anscheinend anders als bei uns in Deutschland: Als ich einmal, ohne mich weiter umzuschauen gerade aus über eine Straßenmündung gehe, werde ich von einem hinter mir aufkommenden, abbiege-willigen Auto kurz an gehupt.
Morgens um 5:30 ausgelaufen und noch im Sund von Maschine auf Großsegel gewechselt. Bis zum späten Abend dann frirscher Wind aus NW, bei dem ich gut Richtung Orkney Inseln voran komme.
Dabei herrliches Wetter mit viel Sonnenschein. Trotzdem nicht gerade warm. Ohne dicke Fleece Jacke wird es ungemütlich. Erst am späten Abend schäft der Wind dann nahezu komplett ein und ich berge die Segel erst mal komplett und schlafe einige Stunden durch.
Nachdem ich in der Nacht nur ein paar mal kurz aufgestanden war, um festzustellen, dass ich allein in der näheren Umgebung war und sich immer noch kein Lüftchen regte, stehe ich gegen 6 Uhr gut ausgeruht auf und bin schon fast soweit nun doch ein paar Stunden die Maschine zu bemühen.Aber während ich so meine Tasse Kaffee in der Plicht genieße, merke ich, dass da doch ein leiser Hauch eines südlichen Windes um meine Nase spielt. Ich versuche es zunächst mit der Genua und siehe da: Es reicht immerhin um mit gut 2 Kn die Gruppe heran wachsender Möwen, die sich in der Nacht um mich herum versammelt hat im nahezu spiegelglatten Wasser zurück zu lassen.Nachdem meine Kaffeetasse geleert ist setze ich auch noch das Groß und schon bald segeln wir bei dem sich langsam auf Süd 2-3 Bft steigernden Wind mit über 4 Kn gen Ziel.Leider ist die Luft sehr feucht und fühlt sich unangenehm kühl dabei an. Lufttemperatur 11°, Wasser 13,5°. Gegen Nachmittag münden diese Temperatur Verhältnisse in ausgedehnte Nebelfelder. Ich habe zwar das Radar, das mir da einiges an Sicherheit gibt, aber trotzdem bleibt es ein ungutes Gefühl, so ohne Sicht durch die Gegend zu fahren.
Bei Nacht und Nebel bekomme ich gegen 2 Uhr für einige Zeit Begleitung von ein paar Delphinen, deren hohe Rückenflosse immer mal wieder dicht neben mir auftauchen. Zwar gibt es diesmal kein Meeresleuchten, das die Delphine zu Leuchtspur Trägern werden lassen würde aber dennoch ist es imposant zu beobachten, wie diese Tiere auch bei Nacht offenbar präzise dicht unter dem Rumpf durch tauchen und auf der anderen Seite wieder auftauchen.
Der Wind bist auf Bft 5 auf, und ich reffe etwas ein, damit die Steueranlage den Kurs wieder besser halten kann. Milan läuft flott mit rund 6 kn Fahrt Richtung Orkneys.
Am Morgen wird die Sicht endlich wieder besser. Leider schläft der der Wind dafür gegen 10 Uhr ein. Nach kurzer Warte Zeit will ich mal ein Stück mit Maschine überbrücken, muss aber leider 2 Probleme damit feststellen:
Die Wasserpum,pe leckt relativ stark in die Bilge. - Stärker als noch vor dem Austausch des Simmerrings kurz vor der Abfahrt in Hooksiel.
Der Alarmsignal Geber pfeift, ohne dass ein echtes Problem vorliegen würde: Keine der ansonsten intakten Kontroll Leuchten ist an.
Der Dauer Alarm Ton ist nach einem erneuten Start zwar weg (vermutlich war etwas Feuchtigkeit auf der Platine des Motor Panels, obwohl dieses mittlerweile sehr geschützt verbaut ist), aber mit der leckenden Pumpe will ich die Maschine nicht mehr als unbedingt nötig betreiben.
Nach einigem Hin- und Her- Überlegen entschließe ich mich, nun doch auf die Orkneys zu verzichten, da man dort schon eher mal auch für Streckenfahrt eine verlässliche Maschine brauchen könnte (wegen der extrem starken Gezeitenströme, die einem exakte Zeit Planung ab verlangen) und da ich die Reparatur-Möglichkeiten dort vom Gefühl her eher schlechter einschätze als z. B. In Peterhead auf dem schottischen Festland. Neues Ziel ist also Peterhead, dass von hier aus 85sm südwestlich liegt. Nach Kirkwall auf den Orkneys wären es nur noch 75 sm Richtung Westen gewesen, wobei der sehr schwache Wind im Moment von dort kommt, was mich noch etwas in der Entscheidung für Peterhead bestärkt.
Nachdem ich das Ösfass so unter der Seewasser Pumpe eingeklemmt habe, dass das austretende Wasser aufgefangen wird und nicht meh über die darunter liegende Kraftstoffpumpe in die Bilge läuft fahre ich noch ca. 1h mit der Maschine bis dann wieder leichter Wind auf kommt und ich segeln kann.
Bei auf Südwest drehendem Wind kann ich den direkten Kurs nach Peterhead leider nicht mehr anliegen und so zieht sich die Ankunft bis zum Abend hin. Die Küste bei Rattray Head kommt gegen 13 Uhr in Sicht und nachdem ich mich zum Einlaufen auf VHF Kanal 14 korrekt bei Peterhead Harbour Control angemeldet habe kann ich kurz nach 18 Uhr in der Peterhead Bay Marina fest machen.