Von Recife aus weiter südwärts

19.-26.11.2010

Mein Liegeplatz bei den „Antigos casas de Banhos“ (frei übersetzt: Altes Strandbad) an einer Boje des „Pernambuco Yachtclubs“ erwies sich als echter Glücksgriff:

Relativ geringe Liegegebühren von umgerechnet rund 7€ pro Tag und an Versorgung alles was man nach einer so langen Fahrt braucht: Frischwasser via Dinghi/Kanister, Diesel mit Hilfe einiger Fischer und deren Boot nebst einem Pool von richtig großen Kanistern und Zugang zu einer quirligen Stadt in der ich die meisten Sachen die ich besorgen wollte finden konnte. Die Stadt fand ich persönlich richtig toll, obwohl sie eher einen schlechten Ruf hat. In den Bereichen, in denen ich mich bewegte habe ich mich eigentlich überall total sicher gefühlt, - trotz des dichten Gedränges, das teilweise herrschte. Für etwas Verunsicherung sorgten Anfangs einige Male Straßenhändler, von denen ich etwas gekauft hatte und die anstatt mir das Wechselgeld zu geben wortlos in der Menge verschwanden. Diese kamen jedoch jedes mal nach einer Weile mit dem Wechselgeld wieder zurück.

Im Pernambuco Yachtclub gibt es außerdem Carlos, .- einen Schiffsbauingenieur, der neben 5 anderen Sprachen perfektes Englisch spricht und außerordentlich hilfsbereit ist. Mir hat er neben anderen Dingen zu neuen Bord-Batterien verholfen. - Leider war deren Höhenmaß ohne die Pole angegeben. Nachdem ich die schweren Dinger mit dem Dinghi zum Liegeplatz gerudert, via Großbaum an Deck gehievt und schließlich mühsam unter Deck verfrachtet hatte, gab dieser Umstand Anlass zu einigen derben Flüchen. Schließlich konnte ich die Niro Gestelle für die Batterien aber mittels Eisensäge und schwerem Hammer so zurecht dengeln, daß die Batterien gerade eben passen. Schön und professionell ist diese Lösung nun nicht gerade, aber Hauptsache es funktioniert erst einmal.

Beim Durchsehen der während der Überfahrt aufgelaufenen emails war ich auf eine Anfrage für ein sehr interessant klingendes Softwareprojekt in Freiburg gestoßen, die mich nach etwas Hin- und Her schließlich veranlasste meine Pläne zu ändern und für 2011 doch wieder die Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Ich würde halt in Brasilien irgendwo eine geeignete Liegemöglichkeit für's Schiff finden müssen, war aber zuversichtlich, dass dies in den kommenden 2 Monaten schon gelingen würde.

Am 26. nachmittags lief ich wieder aus, um an der Küste entlang weiter nach Süden zu segeln.


Skulpturen auf dem zur Außenmole ausgebauten Riff


Blick vom "Marco Zero" in Recife. Von diesem Zentralen Punkt aus werden alle Strassen-Kilometer Angaben im Bundesstaat Pernambuco gezählt.

27.11.2010

Irgendwie habe ich mir zu guter Letzt in Recife noch irgendeine Krankheit geholt. Habe leichten Durchfall und bin die ganze Zeit müde und schlapp. Heute morgen hätte ich wegen der Übermüdung um ein Haar eine Kollision mit einem Fischer gehabt: Ich hatte dessen Lichter noch vor Tagesanbruch Backbord voraus gesehen und dann gedacht ich könnte mich noch ¼h hinlegen. Die Viertelstunde wäre sicher ok gewesen, - aufgewacht bin ich dann aber erst eine ¾ Stunde später. Da war es schon hell geworden und als ich verschlafen nach oben kam, sah ich den Fischer 50m hinter mir und zwar gerade 5m neben meinem Kielwasser! Der Fischer schien nicht sonderlich aufgeregt über den nahen Passierabstand des Geisterschiffs zu sein. Vielleicht hat er gedacht deutsche Yachten machen das wohl immer so. Nach soviel Glück beschloss ich dann für den Abend einen Ankerplatz zum Schlafen anzulaufen. Carlos hatte mir u. A. einen Platz südlich von Maceio empfohlen, an dem man hinter dem Riff unmittelbar vor dem Strand ankern könnte.


Ankerplatz direkt hinter dem Barrier-Riff (-heißt hier laut Seehandbuch tatsächlich auch so, wie das vor Australien). Das Riff bietet hier einen gut geschützten Ankerplatz auf mehr als 10m Wassertiefe mit gut haltendem Sandgrund...


... und zwar unmittelbar vor dem Strand.

Die Ansteuerung am Abend war schon ein bisschen aufregend, denn mein recht grobes Kartenmaterial zeigte an dieser Stelle weder Tiefenangaben noch einen Ankerplatz. Carlos' Beschreibung hatte wie folgt gelautet: Man steuert die Südspitze des knapp über Wasser liegenden Riffs an, rundet es im Abstand von ca. 100m und ankert in dem schmalen Streifen ruhigen Wassers zwischen Riff und Strand. Soweit so gut, aber wenn man bei auflandigem Wind und Seegang auf so ein Stück Fels zufährt über dessen Fortsetzung unter Wasser die Karte keinerlei Informationen hergibt, dann wird man doch nervös. Wenn ich Carlos nicht als wirklich guten Seemann einschätzen würde, hätte ich mich wohl nicht getraut, diesen Platz anzulaufen. Es ging auch tatsächlich alles gut: Beim Passieren des Riffs hatte ich Minimum 5m Wassertiefe mit erträglichem Schwell und hinter dem Riff konnte ich dann auf knapp 12m Wassertiefe ankern. Es war zwar ordentlich Zug auf der Kette, aber der Anker hielt und bald nach Dunkel werden schlief ich trotz lauter Musik von einer Bühne am Strand tief und fest.

28.11.2010 – 30.11.2010

Ganz früh morgens ging ich Ankerauf, was bei 12m Wt ein ziemliches Stück Arbeit mit der Handwinde für mich bedeutete, aber es klappte alles trotz des beengten Raumes zwischen Riff und Strand hervorragend. Abends gab es frisch gefangenen Thunfisch.

Die beiden Folgetage vergingen bei idealem Wind mit Etmalen von 127 und 132 sm recht schnell und ich konnte am 30.11. gegen 11 Uhr an einer Boje des Aratu Yachtclubs in einem Vorort am Nordrand von Salvador festmachen. Beim Einlaufen am 30. herrschte allerdings ungemütliches Wetter mit strömendem Regen und dementsprechend zeitweise schlechte Sicht.

1.12.2010

Morgens fuhr ich mit dem Bus in die Innenstadt um die Formalitäten zu erledigen und Einkäufe zu tätigen. Die Busfahrt dauert ca. 40 Minuten und das Einklarieren ist umständlich, - besonders wenn man kurze Hosen an hat-. Als ich zur Hafenkapitanerie kam, wurde mir gleich an der Wache (die „Capitanias“ sind in Brasilien Teil der Marine) der Zutritt verwehrt, weil man nur mit langer Hose rein darf. Es blieb mir also nichts Anderes übrig als erst Mal eine lange Hose zu kaufen, denn die Hin und Rückfahrt zum Schiff hätte wohl den halben Tag gedauert. Nunmehr mit nagelneuer langer Hose bekleidet kam ich zwar durch die Wache, musste mir aber von dem zuständigen Beamten sagen lassen, dass ich erst zur „Policia Federal“ müsse, um danach mit dem Papier von denen wieder zu kommen. Die Bundespolizei wäre „am Hafen“. - Nun ist das in Salvador, insbesondere wenn man zu Fuß unterwegs ist schon ein recht weiter Begriff. Es waren dann lediglich eine Stunde Latscherei in brütender Hitze und diverse Nachfragen nötig bis ich das endlich gefunden hatte. Ich war auf dem Weg zunächst in der Zentrale der Bundespolizei gelandet um dort zu erfahren, dass der zuständige Beamte aber am entgegengesetzten Ende des Hafens sitzt, - nahe bei den Anlegern für die Touristenboote. Nachdem ich den ganzen Kram schließlich erledigt hatte, war ich so genervt, dass ich diese Stadt am liebsten gleich wieder verlassen hätte. Es stand allerdings noch ein mögliches Treffen mit meinem Freund Norbert an, der im Moment hier in Brasilien arbeitet und gerne ein Stück mitsegeln wollte. Und für so ein Treffen bot sich Salvador als Stadt mit Flughafen natürlich an.

1.12.-5.12.2010

Norbert konnte von seiner Arbeit leider erst am Samstag den 4.12. weg und so kam es, dass ich doch etwas länger in Salvador blieb als ich eigentlich vor hatte. Das Abholen am Flughafen klappte irgendwie nicht, da ich die ersten Minuten am falschen Eingang gewartet hatte und die Abfertigung wohl ungewöhnlich zügig abgelaufen war. Also fuhr ich allein wieder zum Boot zurück, hatte aber immerhin die Hinfahrt für Proviant-Einkäufe in einem großen Supermarkt genutzt.

Der Samstag Abend verging feucht-fröhlich in Salvadors Innenstadt und am nächsten Morgen legten wir kurz nach 6 Uhr ab um zunächst Diesel zu übernehmen und anschließend auszulaufen. - Sehr zum Missfallen von Norbert, der morgens im Gegensatz zu mir eher lange schläft und der eigentlich noch ein paar Sachen besorgen wollte. - U. A. eine Sonnenbrille. Dieses Ansinnen wurde von mir aber abgelehnt, weil ich nun endlich weiter wollte, zumal mich Salvador insgesamt nicht begeistert hatte.

Dafür gab es dann Norbert zu Liebe schon am nächsten Tag den ersten Zwischenstopp in Ilhéus, einer mittelgroßen Stadt ca. 100sm südlich von Salvador. Beim Einlaufen musste ich mit wenig Begeisterung feststellen, dass man die Maschine zwar noch von oben voraus bzw. Achteraus einkuppeln konnte, aber kein Gas mehr geben konnte. - Offenbar war der Gas-Zug gerissen. Also ging es vor dem Wind im Standgas zum Ankerplatz. Der Seegang war aber an diesem Platz bei dem frischen Nordwind schon so hoch, dass man mit dem kleinen Dinghi nicht gut an Land und gegen den Wind rudernd noch schlechter wieder an Bord kommen konnte. Also wurde ein behelfsmäßiger Gaszug aus dünnem Bändselgut und Umlenkrollen gebastelt und wir fuhren gegen den frischen Wind wieder aus dem Haupthafen hinaus, um ein Stück weiter über die Flussmündung direkt in die Stadt zu fahren. Dort war es dann natürlich total ruhig sodass wir an Land gehen konnten. Abends lernte ich Pedro kennen. - Einen Farmer der in Deutschland Landwirtschaft studiert hatte, demzufolge gut deutsch sprach und eine Motorenwerkstatt kannte, in der ich am nächsten Tag tatsächlich einen passenden Gaszug bekommen konnte!

Für die Segler, die es auch mal dahin verschlägt und die vielleicht auch Motorprobleme haben: Die Firma heißt MecNautica, Tel.: 73-36344545 und sowohl der Chef wie auch der Mechaniker (João) sprechen leidlich englisch und sind sehr hilfsbereit.

Pedro betreibt knapp 10km flussaufwärts eine Plantage auf der er Chili Schoten nach streng biologischen Grundsätzen: Mischkultur mit anderen Pflanzen, rein biologische Schädlingsbekämpfung etc. (www.Damata.org).

Der erste Abend in dieser Stadt mit Norbert zusammen endete später als erwartet, weil ich unterschätzt hatte, wie weit das Wasser sich hier bei Niedrigwasser zurückzieht und dabei eine schmierig glatte, praktisch unpassierbare Schlickfläche hinterlässt, die mit scharfkantigen Austernschalen durchsetzt ist. Als wir gegen 21 Uhr eigentlich zurück zum Schiff rudern wollten, lag das Dinghi hoch und trocken, - vom Wasser durch rund 20m besagter Schlickfläche getrennt.

Ein Versuch meinerseits, ein Stück auf den Schlick hinaus zu gehen endete kläglich: Ich rutschte aus und zog mir an den Austern Schnitte am Schienbein und Ellbogen zu. Wieder hinauf kam ich nur mit helfender Hand von oben, - so glatt war die Schlickfläche.

Also tranken wir in der Stadt noch das eine oder andere Bier mehr und kehrten schließlich erst gegen 3 Uhr morgens an Bord zurück.

6.12. - 13.12.2010

Weil es uns beiden in Ilhéus sehr gut gefiel, blieben wir noch einen Tag und liefen erst am 9.12. wieder aus. Die folgenden 7 Seetage bis Guarapari waren leider von einigen Pannen und Verlusten durchsetzt: Es fing damit an, daß mir der Achterholer für den Spinnaker beim Auspacken aus der Backskiste in einer Welle vom Dach der Achterkajüte ins Meer rutschte. Ich packe die 3 Leinen für den Spinnaker immer beim Auspacken kurzzeitig dorthin. Diesmal hatte ich ihn aber teilweise auf einen ebenfalls dort liegenden Fender gelegt und über diesen konnte er offenbar hervorragend abrutschen. Ich hatte meinen Kopf gerade wieder in der Backskiste um auch die Schot heraus zu holen, da hörte ich hinter mir nur noch ein Klicken und bis ich mich umgedreht hatte war vom Achterholer nichts mehr zu sehen. Allein der Schäkel kostet wahrscheinlich wieder rund 30€. Ich verkniff mir aber den lauten Fluch, um Norbert der sich gerade hingelegt hatte nicht zu wecken.

Später hingen wir dann während Norberts Wache in einer kilometerlangen Langleine die von einem Fischer ausging, der selbst kaum noch zu sehen war. Während wir das Ding aus dem Wasser geholt hatten um uns zu befreien rutschte der Bootshaken ins Wasser und verschwand zügig außer Sicht. Ein Versuch ihn wieder zu finden nachdem wir wieder frei waren verlief leider erfolglos. In einer solchen Langleine hingen wir später noch ein zweites Mal konnten uns da aber ohne Panne befreien. Diese Langleinen sind an dieser Küste wirklich ein Ärgernis.

Die Krönung war dann noch, das in der Nacht zum 10.12. der Lümmelbeschlag des Großbaums (wieder mal!) brach (für die Nicht-Segler: das ist das Lager, mit dem der Baum drehbar am Mast befestigt ist). Das nächtliche Auswechseln gegen das glücklicherweise an Bord befindliche Ersatzteil war bei dem herrschenden Seegang ein ziemliches Theater und ich hatte so gesehen wirklich Glück, dass wir hierfür zu zweit waren.

Da wir zwischendurch einen halben Tag Gegenwind hatten und auch danach nicht übermäßig gut voran gekommen waren, mussten wir schließlich vom ursprünglichen Plan gemeinsam bis Angra dos Reis zu segeln abweichen, um Norbert's rechtzeitige Rückkehr an seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Wir liefen also außerplanmäßig den Urlaubsort „Guarapari“, etwas südlich von Vitoria an, wo Norbert mich wieder verlassen sollte.













15.12.2010

Nach einer Nacht und einem Tag in Guarapari lief ich am Nachmittag nach Diesel-Übernahme gegen 17 Uhr bei recht frischem Nordwind wieder aus. Die See wurde in der Nacht recht grob, sodass der Windpilot hart zu arbeiten hatte um das Schiff auf Kurs zu halten.Gegen 20 Uhr war es dann soweit, dass das behelfsmäßige Pendelruder, das bis dahin schon fast 50 Seetage klaglos überstanden hatte gebrochen war. Ich hatte ja noch die bereits vorbereitete zweite Hälfte des Steckschotts und so ging die Reparatur in einer knappen halben Stunde von statten. Trotzdem wäre es natürlich schlauer gewesen, die Behelfslösung schon in Recife mit Hilfe von Carlos gegen eine dauerhaftere Lösung auszutauschen.

16.12.-18.12.

Die Fahrt entlang dieser Küste ist allein echt anstrengend. Die Verkehrsdichte ist mit den ganzen Fischern und auch Frachtern ziemlich hoch, sodass längere Schlafpausen wie ich sie auf hoher See praktiziere nicht in Frage kommen. Vielmehr muss ich in 0,5hIntervallen schlafen: 0,5h schlafen, Ausschau halten und ggf. ausweichen, dann wieder hinlegen. Früher habe ich so etwas einige Tage problemlos ohne Wecker bewältigt. Inzwischen klappt es nur noch mit Wecker und ich empfinde es als extrem zermürbend.

Von Fischern ist man unvorhersehbares Verhalten und strikte Weigerung auf Funkanrufe zu reagieren ja weltweit gewöhnt, aber hier fahren in letzter Zeit auch unter den Wachoffizieren der Frachter einige Vollidioten zur See. Exemplarisch seien dazu zwei Begebenheiten geschildert:

Dazu kommen dann ganz dicht an der Küste in den Buchten die „Touristenschleudern“: „Schoner“ von um die 20m Länge mit sehr kurzen Masten, ohne Segel aber mit starken Maschinen, die offenbar meinen, das Wegerecht gegenüber kleineren Fahrzeugen eingebaut zu haben. - Vielleicht kennen sie die Regeln auch erst gar nicht...

Am 18.12.schlief leider in der Nacht der Wind ziemlich ein, sodass ich die restlichen 5h bis in die Baia de Ilha Grande unter Motor fuhr. In einer wunderschönen Bucht an der Nordseite der Ilha Grande ankerte ich gegen 8 Uhr morgens und schlief erst Mal ein paar Stunden. Ruhig war die Bucht allerdings bereits am frühen Vormittag nicht mehr: Jede Menge Touristenschleudern und Luxus-Motoryachten von reichen Brasilianern.

Offenbar ist dies eine Gegend für reiche Leute. Das konnte ich auch feststellen, als ich abends in ein kleines Restaurant am Strand ging, weil ich keine Lust mehr zum Kochen hatte: Standardpreis für die meisten Gerichte umgerechnet 70€! Es gab noch eine Ausnahme für umgerechnet 18€. Eigentlich immer noch zu teuer für mich, aber das habe ich mir dann ausnahmsweise trotzdem genehmigt.

19.-21.12.2010

Am 19. fuhr ich dann – mangels Wind hauptsächlich unter Maschine - nach Angra dos Reis.

Leider stellte sich dort in den nächsten Tagen heraus, dass das Preisniveau in dem Restaurant durchaus typisch für alles Andere hier war. - Zwar nicht ganz so extrem, aber von Lebensmitteln bis zu Liegegebühren für Boote ist alles 2-3 Mal so teuer wie in Deutschland und bei der geplanten 1 jährigen Liegezeit für MILAN würde das hier schon ein ziemliches Loch in die Kasse reißen. Ein weiteres Problem scheint zu sein, dass die Unterbringung an Land für längere Zeit überhaupt kaum angeboten wird. Aber im Wasser ist MILAN ohne verlässliche Aufsicht mit dem Ruderkoker überhaupt nicht mehr für längere Zeit sicher. Und sich darauf zu verlassen, dass die neue Dichtung bis Ende Januar hierzulande montiert sein würde wäre auch ziemlich gewagt.

Aber noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben eine geeignete Liegemöglichkeit zu vernünftigem Preis zu finden.

Bei den Nachforschungen hier in der Region nach einem Liegeplatz hilft mir Klaus, der deutsche Transocean Stützpunktleiter in Angra mit Rat und Tat weiter, allerdings werden wir nirgends so recht fündig. Klaus besitzt hier eine „Pousada“ - eine sehr schöne, kleine Hotelanlage mit eigenem Pool, Bootssteg für's Dinghi, Dusche, Internet Zugang etc.

„Nebenan“ liegt noch ein südafrikanischer Segler vor Anker: Harald ist gebürtiger Kieler, hat aber die meiste Zeit seines Lebens in Südafrika gelebt. Obwohl ich mich mit Haralds Ansichten über die Unterschiede zwischen „Niggern“, Juden und uns als Europäern absolut nicht anfreunden kann, ist er sonst ein sehr netter Kerl. Er hatte dieser Tage auch noch großes Pech mit einem von den Touristen-“Schonern“ hier: Der war ihm bei Nacht von achtern in sein ankerndes Schiff gefahren und hatte die aufwändige Nirokonstruktion dort mitsamt Solar-Panels, Davits, Radarantenne etc. dabei praktisch komplett zerstört. Nachdem er sich mit roher Motorgewalt wieder frei gerissen hatte ist er einfach abgehauen! Harald und Johann, - ein österreichischer Segler der zu dem Zeitpunkt auch ganz in der Nähe lag, konnten ihn aber später stellen und dank Johanns fließendem Portugiesisch auch zunächst davon überzeugen, dass er für den Schaden aufkommen müsse. Der Schaden ist beträchtlich und würde sich nach Haralds Aussage wohl so auf rund 60000R$ (ca. 27000€) belaufen. Bei einem Anruf ein paar Tage später, bei dem es um die Höhe des Schadens gehen sollte, stellte sich „Jorge“ (so der Name des Schoner-Eigners, der nebenbei wohl auch noch drei andere solche Schiffe besitzt) schon wieder ganz dumm und meinte er wüsste von nichts und er wäre das nicht gewesen! Da kann man nur hoffen, dass einem so etwas möglichst gar nicht passiert. Denn im Ernstfall steht man als Ausländer hier doch auf ziemlich schwacher Position, zumal wenn man die Sprache nicht beherrscht.

22.12.2010

Ein trüber Tag mit tief hängenden Wolken und viel Regen. - Zum ersten Mal seit ich in Brasilien bin. Bislang war es fast die ganze Zeit sonnig. - Jetzt bin ich wohl erstmalig mitten in einem dieser Regengebiete gelandet, die ich bislang immer nur nachts in weiter Ferne als Wetterleuchten sehen konnte. Dafür gibt es bei der Liegeplatzsuche einen Lichtblick: Ich habe via Internet eine Werft ganz im Süden des Landes, - in Pelotas am Rio Grande da Sul gefunden, die MILAN für ein ganzes Jahr an Land stehen lassen kann und wo der Preis dafür halbwegs vernünftig ist. Zuerst wollten sie zwar auch 7200US$, haben dann aber relativ schnell eingelenkt und sind meiner Bitte nachgekommen, den Preis in etwa auf das Niveau von Recife zu senken. Vereinbart sind jetzt 3000US$. Die Reparaturen an Propeller und Ruderschaft sind nach deren Aussage mit eigenen Fachkräften möglich. Mal sehen ob und wie das tatsächlich klappt. Jedenfalls will ich mich morgen dorthin auf den Weg machen. Es sind ca. 700sm bis Pelotas und ich hoffe die Werft in den ersten Januartagen 2011 zu erreichen.

23.12.2010

Gegen 10 Uhr verabschiede ich mich noch von Klaus, und gehe danach Ankerauf. Schnell noch zur Marina Piratas um den Diesel- und Wasser-Tank aufzufüllen und etwas Brot zu kaufen. - Dann geht’s los. Aber schon bald fällt aus der immer dicker gewordenen Wolkendecke ein Platzregen der die Sicht nahezu null werden lässt und auch sonst natürlich nicht angenehm ist. An Stb. achtern gibt ein großer Tanker, den ich vor kurzem noch klar und deutlich beim Ankerauf Manöver beobachten konnte nun Nebelsignale. - Zu sehen ist nichts mehr von ihm. Das AIS ermittelt zwar komfortable 1,8sm als Passierabstand, aber das gilt ja nur wenn er nicht nochmal den Kurs ändert. Und ob er mich wohl bei diesem Regen im Radar als Echo heraus filtern kann? Auf meinem eigenen Radar sind jedenfalls außer Regenechos nur noch die ganz großen Fahrzeuge zu erkennen.Nach einem Blick auf die Karte disponiere ich kurzentschlossen um und laufe auf einen Ankerplatz zu, der nahezu auf dem Weg liegt und bei diesen Bedingungen eine ungleich ruhigere Nacht verheißt, als wenn ich weiterfahren würde. Schließlich wäre bei solchen Sichtverhältnissen in der kommenden Nacht unterwegs nicht an Schlaf zu denken. Unter solchen Bedingungen ist die Zeit zum Ausweichen gegenüber einem schnellen Berufsschiff ja unter Umständen selbst dann knapp, wenn man permanent in den Regen starrt.

Gegen 19 Uhr fällt also außerplanmäßig schon wieder der Anker in der traumhaft schönen Bucht „Saco de Mamangua“. Das Essen, einen Gemüse-Auflauf mit Hühnerbeinen hatte ich schon unterwegs in den Backofen geschoben und so bleibt nach dem Ankermanöver nur noch etwas Angenehmes zu tun: Essen. In der Bucht gibt es keine Touristenboote, keine Motoryachten, - stattdessen nur ein paar vereinzelte Fischer und die Geräuschkulisse aus dem nahen tropischen Wald entspricht in etwa meiner Vorstellung vom Amazonas-Urwald, - nur ohne Mücken!

24.12.2010

Heiligabend! - Allerdings ist Weihnachten für mich hier allein auf dem Boot derart weit weg, dass da keinerlei weihnachtliche Stimmung zu spüren ist.

Die Sonne steht heute mittags nahezu genau im Zenit. Ihr Bildpunkt auf der Erdoberfläche ist Mittags gerade noch 1sm südlich von mir. Morgen werde ich die Sonne also zum ersten Mal in meinem Leben Mittags etwas im Norden sehen können. - Und dabei hieß es doch damals in der Schule: … im Norden ist sie nie zu sehen.

Nach einer Tasse Kaffee, bei der ich die Morgenstimmung an diesem wunderschönen Ankerplatz genoss ging ich in aller Ruhe ankerauf, um dann bei schönem Wetter allerdings ohne Wind zunächst einmal auf See hinaus zu motoren. Erst gegen Mittag kam dann etwas Wind auf und ich konnte von Motor- auf Segel-Antrieb umstellen.

Das Schiff läuft allerdings bei leichtem Wind schon wieder sehr träge. Es hat sich einen Monat nach der Reinigung in Recife bereits wieder einiges an Bewuchs angesammelt. Diesmal ist es interessanterweise ein völlig anderes Biotop: Das was in Recife abgeschabt wurde war überwiegend eine Fauna: Muscheln, Seepocken und anderes Getier, dessen Namen ich nicht kenne. Algen gab es so gut wie gar nicht. Nun dagegen handelt es sich überwiegend um Flora: Ich ziehe einen mittlerweile 10-20cm langen Algenbart mit mir herum, Muscheln gibt es praktisch keine und Seepocken nur wenige kleine.

Das Wetter in Sichtweite ist heute im Unterschied zu gestern zweigeteilt: Über Land hängen immer noch dicke Wolken, während es hier auf See sonnig ist. - Anders also als gestern: Da reichte die Wolkendecke bis weit hinaus auf See. Die Sicht ist überall deutlich besser als gestern, sodass ich froh bin die Nacht vor Anker abgewartet zu haben.

25.12.2010

In der Nacht hat sich ein leichter Schmerz beim Druck auf das rechte Knie den ich bereits in Angra verspürt hatte soweit verschlimmert, dass nun jeder Schritt höllisch weh tut. Das Knie ist auch deutlich verdickt und wärmer als das Linke. Offenbar ist es entzündet, wobei ich nicht weiß woher: Die letzte Schürfwunde, hatte ich mir am rechten Knie schon vor gut einem Monat in Recife bei einem Sturz zugezogen und die war eigentlich oberflächlich und ziemlich bald gut verheilt. Die Bordapotheke enthält nur noch ein einziges Antibiotikum, dessen Verfallsdatum nicht bereits überschritten ist: „Keciflox“. Dessen Beschreibung klingt allerdings recht viel versprechend. Es ist ein Breitband-Antibiotikum, das speziell auch bei Gelenk-Entzündungen helfen soll. Nachdem die Schmerzen bis Mittag stetig weiter zugenommen hatten und das Knie regelrecht heiß wurde, entschloss ich mich trotz der Nebenwirkungen (u. A. Müdigkeit, evtl. Durchfall etc.) und des begrenzten Vorrats mit der Einnahme des Antibiotikums zu beginnen.

26.12.2010

In der Nacht gegen 4 Uhr schlief der Wind ein. Das gab mir Gelegenheit nach dem Bergen der Segel beruhigt weiter zu schlafen.

Zwar kam dann gegen Mittag, nachdem ich ein paar Stunden unter Maschine gefahren war wieder Wind auf, allerdings genau aus der Richtung in die ich will. Also musste ich wohl oder übel vom Sollkurs abweichen und entschloss mich einen Schlag auf die Küste zu zu machen, in der Hoffnung dass der Wind bald wieder dreht und ich wieder parallel zur Küste fahren kann.

Obwohl es hier jede Menge Fische gibt – sie springen ringsum am laufenden Band – findet mein Angelköder mal wieder kein Interesse. Ein ziemlich großes Exemplar (mehr als 1m) kam beim Einholen der Angel ganz dicht hinter dem Köder her bis fast zum Schiff, aber offensichtlich hatte er die Falle erkannt und nicht angebissen.

27.12.2010

Bis zum Morgen und den ganzen Tag über blieb der Südwest Wind leider bestehen. Morgens stand ich ca. 80sm vor der Mündung der Baia Sao Francisco, der Einfahrt nach Joinville. Ursprünglich hatte ich ja gedacht, dort einen Platz für das Boot zu bekommen. Aber leider hat sich das erledigt: Dort kann das Boot nicht so lange an Land stehen und der Preis für einen Wasserliegeplatz wäre doppelt so hoch wie der in der Werft in Pelotas. Also muss ich wohl oder übel noch 500sm weiter.

Erst gegen Abend begann der Wind dann langsam wieder auf SSE zu drehen. Der Abstand zur Küste schrumpfte auf Dteuerbord Bug segelnd zusehends zusammen und es waren wieder mehr Schiffe im Umkreis in Sicht, sodass ich erneut auf meinen Halbstunden Rhythmus zum Schlafen wechseln musste.

28.12.2010

Die Entzündung im Knie scheint wieder stärker zu werden und das trotz weiterer Einnahme des Antibiotikums. Morgen ist der Bestand aufgebraucht und damit wird dann wohl das eintreten, was man bei der Behandlung mit Antibiotica eigentlich unbedingt vermeiden soll: Abbruch der Behandlung vor Ausheilung. Zusammen mit dem ungünstigen Wind, der ein schnelles Vorankommen vereitelt: Tolle Aussichten! Ich habe hin und her überlegt, ob es Sinn macht Florianopolis anzulaufen, was theoretisch bis morgen Abend möglich sein sollte, um einen Arzt aufzusuchen. Aber schließlich habe ich den Gedanken doch verworfen. Zum Einen hoffe ich einfach, dass es im Lauf der nächsten Tage noch nicht kritisch werden wird und zum Anderen wäre es ohnehin sehr fraglich ob man hier zwischen den Feiertagen so schnell einen geeigneten Arzt finden würde. Dann besser in Rio Grande, oder am Zielort Pelotas. - Dort soll es laut Seehandbuch mehrere gut ausgestattete Hospitäler geben (bzw. 1975 gegeben haben).

30.12.-31.12.2010

Nachdem ich abends gewendet hatte um über Nacht einen Schlag von der Küste weg zu segeln, beschloss ich erst Mal ein paar Stunden am Stück zu schlafen, da die ganze Zeit so gut wie kein Schiffsverkehr in der Nähe gewesen war. Leider drehte in der Zeit der Wind, sodass ich einige Stunden in eine ungünstige Richtung fuhr ohne es zu merken.- Eigentlich hätte ich in der Zeit wieder wenden müssen. Gegen Mittag musste ich dann feststellen, dass ich auf Grund des ungünstigen Windes und meines Fehlers in der Nacht gerade mal 10sm Richtung Ziel in 15h gut gemacht hatte. Da direkt voraus nun eine gut geschützte Ankerbucht lag, beschloss ich für die kommende Nacht dort zu bleiben und lieber erst Mal aus zu schlafen. Die Ankerbucht direkt südlich der Einfahrt zum südlichen Kanal nach Florianopolis mit dem anliegenden Ferienort „Pinheira“ stellte sich als echter Glücksgriff heraus: Wunderschöne Strände und sehr nette Leute. Gegen Mittag kam „Eglon“ mit seinem Sohn Thomas zu mir heraus geschwommen um mich zum Mitagessen im Strandrestaurant einzuladen. Da die nötigen Arbeiten am Schiff (kleinen Schaden am Grosssegel beheben und Ankerkastendeckel neu dichten) so gut wie fertig waren, nahm ich die Einladung dankend an und wurde anschließend gleich noch für den Abend zur familiären Sylvesterfeier eingeladen. Die Großmutter der Familie sprach zwar nur portugiesisch, war aber einmalig nett und redete immer wieder fröhlich auf mich ein, wobei ich sie immer wieder bitten musste langsam zu sprechen und auch dann verstand ich nicht so ganz viel auf Anhieb, aber im Zweifelsfall gab es ja ihren Sohn Eglon, der gut Englisch spricht und übersetzen konnte. Eglon hatte bis vor nicht allzu langer Zeit selbst eine Segelyacht nur wenig kleiner als Milan gehabt und träumt wohl immer noch davon, mal selbst auf große Fahrt zu gehen. Daher das große Interesse an mir und meinen Segel-Geschichten. Die Familie stammt aus der Gegend, wo meine Werft liegt und Eglon hatte dort auf dem Lagoa dos Patos mit seiner Familie irgendwann nachts vor Anker eine böse Erfahrung mit aufkommendem Schlechtwetter gemacht (der Anker hatte nicht gehalten). Daraufhin hatte er das Boot wieder verkauft, aber der „Segelvirus“ sitzt wohl immer noch tief drinnen. - Wie dem auch sei, das Silvesterfest war auf diese Weise einmalig schön für mich: Mit Feuerwerk, vielen netten Leuten und guter Stimmung.




1.1.2011

Den Neujahrstag genoss ich vormittags noch mit Baden und einer Dinghi Tour unter Segeln/Rudern durch die Bucht bis dann gegen Mittag tatsächlich leichter östlicher Wind aufkam. Also hieß es Abschied von meinen neuen Freunden nehmen und Segel setzen. Allerdings war der Wind sehr leicht und schlief auch in der kommenden Nacht wieder ganz ein, sodass ich nachts einige Zeit ohne Segel nur driftete. - Immerhin aber mit der Strömung 1,5kn in die richtige Richtung. Ich musste nur einmal nachts die Maschine zu Hilfe nehmen um einen Felsen in sicherem Abstand passieren zu können. Ohne Maschine hätte ich wohl sicherheitshalber ankern müssen, um dem Felsen nicht zu nahe zu kommen.

2.1. -4.1. 2011

Segeln wieder mal so, dass es Spaß macht: Durchgängig östliche Winde 5-6 und Geschwindigkeiten zwischen 5 und 7 kn. Zwar mit gut 3m Seegang, aber solange das Schiff gute Fahrt macht sind die Bewegungen ja erträglich. Als der Wind dann allerdings am Abend des 4. wieder abnahm und einschlief, wurde es schon eine Zeit lang ziemlich schaukelig bis auch die See sich beruhigt hatte. In der Nacht zum 5. dann Nebel im Wechsel mit Regen und dabei kaum Wind.

5.1.2011

Vormittags lief ich schließlich - mangels Wind unter Maschine - in den Rio Grande ein. Man hatte mir schon gesagt, dass die Einsteuerung schwierig sein kann und dem ist tatsächlich so. Zunächst fand ich entgegen der Vorhersage meines Gezeiten-Programms relative starke Gegenströmung vor. Glücklicherweise nicht den Extremwert 5 Knoten von dem im Seehandbuch gesprochen wird, denn dann wäre ich ja gar nicht rein gekommen aber immerhin 2 Knoten. Da kriecht man dann schon ziemlich langsam vorwärts und muss sich eine Lücke zum Queren des Fahrwassers zwischen den schnell aus und einlaufenden großen Pötten schon recht weit vorausschauend aussuchen. Die Frachter haben im Mündungsbereich selbst alle Hände voll zu tun, um die für sie relativ enge Kurve zu nehmen ohne aus der tiefen Rinne zu rutschen und können somit im Ernstfall sehr wahrscheinlich auch nicht viel machen wenn man sich als kleiner Segler da verschätzt hat und im Wege liegt. Queren musste ich das Fahrwasser deshalb weil ich durch zeitweise südwestlichen Wind den korrekten Kurs zum Schluss eine ganze Weile nicht mehr hatte anliegen können.


Die Seezeichen sind hier schon ganz modern, -aus Kunststoff und mit solar betriebener LED-Befeuerung


Einer von den ganz großen, - wie immer bei RoRo Schiffen allerdings neben sehr groß auch sehr hässlich.



In Rio Grande fand ich irgendwie keinen mir genehmen Liegeplatz: Der Yachtclub ist relativ weit außerhalb der Stadt und bei den Fischern darf man als Segler wegen irgendwelcher polizeilicher Vorschriften auch kurzzeitig wohl nicht liegen. - So jedenfalls die Auskunft von ein paar Seeleuten, die mich ansonsten wohl gerne längsseits genommen hätten. Da gegen Mittag dann auch bei herrlichem Wetter Ostwind aufkam, beschloss ich gleich weiter nach Pelotas zu segeln. Die Segelei auf der riesigen Lagune (insgesamt ca. 115sm lang und 25sm breit) ist recht anspruchsvoll: Es gibt jede Menge Untiefen, teilweise ganz dicht außerhalb der betonnten Rinne und noch mehr Stellnetze mit deren Stangen die Lagune derart voll gestellt ist, dass man sich manchmal schwer tut, die Fahrwassermarkierungen dazwischen zu identifizieren. Gleichzeitig ist es aber ein wunderschönes Revier auf dem die Segelei bei so schönem Wetter richtig Spaß macht. Interessant ist auch, dass die Lagune bereits kurz nach dem Seehafen Rio Grande, d. h. nur 10sm von der Mündung ins Meer Süßwasser enthält und frei von Gezeiten ist.

Das Schiff liegt hier auch tatsächlich wegen der geringeren Wassertiefe 2-3cm tiefer im Wasser. Das Seehandbuch empfiehlt für Frachter die den Seehafen Rio Grande anlaufen auch bei den Tiefgangs-Berechnungen für die Beladung Süßwasser anzunehmen, da das Wasser selbst dort manchmal innerhalb weniger Stunden zu Süßwasser wechseln kann.

Sonst wirken Gezeiten meist wesentlich weiter landeinwärts. Auf dem Gambia River muss man z. B. schon rund 100sm landeinwärts fahren, bevor man Süßwasser vorfindet und die Gezeiten wirken noch in Georgetown, 180sm von der Küste.

Die Werft hier liegt ganz idyllisch an einem Nebenfluss des Rio Sāo Gonçales und ich erreichte sie gegen 19 Uhr.

Der Eigentümer der Werft kam extra abends noch von seinem nahe gelegenen Haus herüber, um mich in Empfang zu nehmen, - nachdem ein hilfsbereiter Nachbar ihn telefonisch informiert hatte.

Zunächst denkt man gar nicht, dass hier sehr viel bewerkstelligt werden kann, aber immerhin werden hier komplette Stahl-Yachten bis 45 Fuß gebaut. Einziger freier Platz zur Zeit war quer vor der Slipbahn in einem Bett aus Schilf und Schwimmpflanzen.











6.1.-18.1.2011

Es dauerte einige Tage bis die nötigen Formalitäten mit den Behörden (Bundespolizei, Zoll) abgewickelt waren und ich war froh, dass Ari, der Werftbesitzer mir hierbei geholfen hat. Kompliziert war insbesondere der Vorgang bei der Policia Federal: Man hatte mich nämlich bei der Zweigstelle hier in Pelotas zunächst wieder weg geschickt und mir gesagt, der Vorgang sei nur in Rio Grande möglich. Daraufhin fuhr Ari mich extra mit dem Auto die rund 60km nach Rio Grande, wo man uns aber wiederum mitteilte, dass die Auskunft in Pelotas falsch gewesen war, - die zuständige Stelle sei diejenige in deren Bereich auch das Schiff liegt. Also ging es wieder zurück nach Pelotas, wo man uns erst nach einiger Diskussion mit Ari und Rücksprache mit dem Vorgesetzten eher widerwillig das gewünschte Papier ausstellte. Beim Zoll war die Angelegenheit dann klarer, zog sich aber auch nochmal 2 Tage hin, in deren Verlauf die Zollbeamten u. A. auch an Bord Fotos machten. Anschließend unterzeichneten Ari und ich noch den Vertrag für die einjährige Liegezeit. Verträge müssen in Brasilien offenbar grundsätzlich von staatlich kontrollierten Stellen beglaubigt werden. Ich war zunächst etwas überrascht, dass wir zur Unterzeichnung erst noch in die Stadt zu einer Art Notar-Büro fuhren. Dort werden die Personalien der Parteien aufgenommen, die Unterschriften geleistet, sowie Unterschrifts-Proben in doppelter Ausfertigung hinterlegt. - Alles hoch-amtlich, aber sonst sind Verträge hier wohl unwirksam.

Nachdem der Papierkram also erledigt war, wurde Milan dann am 14. vormittags aus dem Wasser gehoben. Der dafür verwendete Kran sieht zwar etwas filigran aus, soll aber bis 15to ausgelegt sein und hob die 8 to von Milan dann auch klaglos aus dem Wasser. In horizontaler Richtung erfolgt die Bewegung dann von Hand und hierzu musste sich die ganze Werftmannschaft einschließlich mir ganz ordentlich ins Zeug legen um den Kran mit Milan auf den Schienen zu verschieben.








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