Überfahrt Horta/Azoren nach Brasilien

Auf dieser Reise gab es diverse technische Probleme:

Es fing gleich am ersten Tag damit an, dass das Pendelruder der Selbststeueranlage (Windpilot) kurz unter der Wasserlinie abbrach. Nachdem ich dadurch bereits eine Patenthalse gefahren hatte, hat es noch eine Weile gedauert, bis ich begriffen hatte warum die Anlage partout nicht mehr richtig steuern wollte, denn von oben konnte man so zunächst keinen Fehler feststellen. Da Umkehren zu diesem Zeitpunkt bereits einen vollen Tag Aufkreuzen gegen grobe See bedeutet hätte, kam ich schließlich auf die Idee, das untere Steckschott des Niedergangs zu zersägen und ein provisorisches Pendelruder daraus zu basteln. Das hat funktioniert und da ich noch die Plexiglas Schotten habe ist der Verlust des Steckschotts vorläufig zu verschmerzen.

Einige Tage später musste ich feststellen, das die Batterien nunmehr wohl vollkommen hinüber sind: Sie waren wenige Stunden nach dem Laden mit der Maschine bis auf 9,7V tief entladen. Von da an hieß es also im Wesentlichen nur noch den Strom zu verbrauchen, der durch die Wind- und Solarenergie aktuell nachgeladen wurde was natürlich diverse Einschränkungen mit sich brachte.

Zu allem Überdruss leckte nun auch der Ruderkoker deutlich mehr als zuvor, was mir eine zeitlang doch ernsthaft Sorgen machte. Ich konnte jedoch die Undichtigkeit mittels einer provisorischen „Handtuch-Dichtung“ und Fett soweit eindämmen, dass sie als unkritisch betrachtet werden konnte.

Zum Wetter und Reiseverlauf:

Nach den ersten beiden Tagen mit perfektem Wind folgte eine Phase mit schwachen Winden und Flauten, die mich mehrfach zwangen ganze Nächte mit geborgenen Segeln gestoppt zu liegen, da ich den Treibstoff für die vor mir liegenden Doldrums vorhalten wollte. Ab etwa 26°N kam ich dann in einen stetigen Nordost Passat, der mich bis etwas unterhalb der Kapverden (d.h. bis etwa 10°N) flott voran schob.

Südlich von 10°N folgten dann die sogenannten Doldrums (wissenschaftlich: ITCZ), die mich viel Nerven gekostet haben: Flauten oder umlaufende leichte Winde durchsetzt mit extrem heftigen Regenfällen und Böen bis Stärke 7. Letzteres aber immer nur ein paar Minuten, sodass man kaum wirklich Nutzen daraus ziehen konnte. Insgesamt fast 10 Tage, wobei ich nur in den ersten 3 Tagen die Maschine intensiver nutzen konnte, da der Treibstoff danach zu ¾ verbraucht war und ich natürlich noch Reserve zur gelegentlichen Stromerzeugung und für die Küstenregion vorhalten musste. Es gab zwar südlich von 4°N nochmal eine Unterbrechung mit relativ stetigen östlichen Winden, aber dann fand ich mich erneut in der ITCZ wieder. Insgesamt war das Vorankommen hier doch sehr mühselig. -So verbrachte ich z. B. eine komplette Nacht bei nahezu 0 Wind am Ruder sitzend: Nicht daß ich dabei nennenswert voran gekommen wäre, es ging dabei nur darum um mit einem die meiste Zeit nahezu schlapp herunter hängenden Spinnaker zu vermeiden, dass der Strom mich wieder zurück nach Norden Richtung Zentrum der Flauten-Region treibt.
Erst bei etwa 0,5° N bekam ich dann wieder stetige östliche Winde, nachdem ich mich rund 600sm durch variable Winde und Flauten gekämpft hatte. Das schlechteste Etmal während dieser Zeit zwischen dem 1.11. und 11.11. betrug nur16sm in 24h!

Durch ungünstige Winde und Stromversetzung konnte ich meine ursprüngliche Taktik, den Äquator bei 28°W zu überqueren nicht umsetzen. Vielmehr landete ich bei 30°W was nach den Empfehlungen der Bücher schon nicht mehr so gut ist, da man dann u. U. gegen den SE Passat aufkreuzen muss, um Cap Sao Roque an der brasilianischen Küste zu runden.

Die Route zwischen Südamerika und Europa ist übrigens deutlich dichter befahren als ich gedacht hätte. Etwa ab dem 1.11. (ca. 9° N 25°W) befand ich mich praktisch durchgängig auf dieser Route und während dieser Zeit kamen jeden Tag mindestens zwei Schiffe mit Kurs Europa oder Südamerika in Sicht, an einem Tag sogar 7 Stück! So war ich froh, dass ich diesmal den AIS Empfänger an Bord hatte, durch den ich während der Schlaf-Zeiten über eine Annäherung gewarnt werden konnte. Es gab allerdings nur 2 Mal eine Annäherung auf weniger als 1,5sm, Kollisionsgefahr, sodass ich etwas hätte unternehmen müssen bestand nie.