Tagebuch

27.6.2008 Letzte Vorbereitungen

Bald ist es soweit! Der Beginn der ersten Reiseetappe rückt schnell näher. Nächste Woche, Samstag den 5.7. soll es zur ersten Etappe Richtung Lissabon  losgehen. - Hoffentlich ist der Wind dann wieder günstiger, im Augenblick  ist  ja W-SW Wind, was ziemlich ungünstig wäre.
Die Suche  nach einem dritten Mitsegler war gar nicht so einfach. Nachdem zwei potentielle Kandidaten aus persönlichen Gründen wieder abgesprungen sind, kommt nun doch mein alter Freund Norbert als dritter Mann bis Brest mit.
Somit besteht die Crew nun aus meinem Sohn Ralf, Norbert und mir als Skipper.

Angela will Ende Juli nach La Rochelle nachkommen und von da soll es dann weiter Richtung Lissabon gehen.

Hier noch ein paar Fotos aus den letzten Wochen

Letzter Tag der Werftliegezeit

Ausflüge nach Bremerhaven und Helgoland/Wangerooge


19.7.2008 - Bis Cherbourg und Kanalinseln
Wir sind am 5.7. wie geplant gestartet und hatten die letzten 2 Wochen tasächlich permanent  Gegenwind, sodaß wir Brest nicht wie geplant bis zum 18.7. erreicht haben. Unser Mitsegler Norbert konnte deshalb sein Bahn-Ticket von Brest nicht nutzen und musste stattdessen wohl oder übel von Cherbourg aus die Heimreise antreten. Bis Cherbourg waren wir insgesamt fast 10 Tage durchgängig auf See! Unterbrochen nur durch eine 10 stündige Pause in Den Helder, wo wir das Trinkwasser ausgetauscht haben, daß über die Entlüftungsleitung im Kettenkasten mit Seewasser verunreinigt worden war - Der Kettenkasten muss dazu wohl längere Zeit bis oben hin geflutet gewesen sein - soviel Wasser haben wir beim Stampfen gegen den Seegang vorne übernommen! In Den Helder haben wir die Öffnungen zum Kettenkasten besser abgedichtet, sodaß dieses Problem wohl in Zukunft nicht mehr auftreten sollte. Außerdem war die Antennenleitung zum GPS durch Wasseinbruch in der achteren Backskiste kurzgeschlossen, sodaß wir zeitweise wieder klassisch und später dann mit dem Handheld-GPS navigieren mussten. Die durchnässte Verbindungsstelle in der Antennenleitung konnte von Norbert erst in Cherbourg repariert werden. Beim Auslaufen aus Den Helder hat sich dann noch der Teleskop-Baum für die Genua in einer Wende aus der Halterung gelöst und ist zügig in den Fluten versunken - ein teurer Spaß und wir werden das Teil wohl so bald auch überhaupt nicht ersetzt bekommen! Aber vorläufig brauchen wir ihn ja auch nicht, da der Wind ohnehin immer von vorne kommt...

Norbert musste uns nun schon in Cherbourg, statt wie geplant in Brest verlassen und hatte noch nicht einmal Gelegenheit gehabt, mal wieder einen Fuß auf die Kanalinseln zu setzen, auf die er sich so gefreut hatte! Da hatte ich mich mich mit der Reisezeit doch ganz schön verschätzt und einfach nicht mit  derart beständigem Gegenwind gerechnet.
Ralf und ich haben uns nun von Cherbourg aus über die Kanalinsel Guernsey nochmal ca. 60 sm weiter nach Westen gekämpft. Gerade liegen wir vor der bretonischen Küste östlich der "Ile de Tomé" vor Anker und erholen uns erst mal von der letzten Nacht, die bei kräftigem Gegenwind und Nieselregen nicht wirklich Spaß gemacht hat. Die Insel scheint von Menschen unbewohnt zu sein, dafür gibt es umso mehr Seevögel.
Die GPS Antennenleitung war zum Schluss schon wieder kurzgeschlossen, d. h. Norberts mühselig durchgeführte Reparatur hatte der See nicht viel läng, aber da wir nun wussten, woran es lag, konnten wir das Problem gleich wieder beheben, - diesmal hoffentlich für längere Zeit. Nun haben wir beschlossen, nicht gleich am Abend, sondern erst morgen früh weiter zu segeln. -Etwas Schlaf über Nacht ohne Stampfen und Schaukeln wird uns beiden gut tun.er als 24h widerstanden.
Der Wind soll in den nächsten Tagen endlich einmal zu unseren Gunsten drehen, sodaß wir trotzdem noch hoffen dürfen, zum vereinbarten Treffen mit Angela am  27.8. La Rochelle zu erreichen.

22.7.2008 Bretagne bis Belle Ile
Nach dem Start von Ile de Tomé konnten wir erst mal eine Zeit lang auf dem richtigen Kurs segeln, jedoch wurde der Wind dann bald zu schwach und wir brauchten die Unterstützung der Maschine um weiter zu kommen.  Das blieb dann die ganze Nacht so, bis wir gegen Morgen die Ile d'Ouessant und die Raz de Sein hinter uns hatten. Nachdem wir dann wegen der Flaute fast schon ankern wollten kam dann doch ausnahmsweise richtig günstiger Wind auf, vor dem wir unter Spinnaker mit bis zu 8,9 kn(!) Richtung Belle Ile gerauscht sind. Gegen 1Uhr haben wir dann an einer Muringboje vor dem Hafen von Sauzon festgemacht.
Heute gab es dann in einer Crêperie echt bretonische Crêpes mit Apfel (sehr zu empfehlen!) und ich bin gegen Abend noch mal zum Nord-Ende der Insel gejogged. Das hat zum Einen wegen der Bewegung gut getan und war zum Anderen wegen der wirklich imposanten Klippen am "Pointe des Poulains" ein absolut lohnender Ausflug. Leider hat Ralf das versäumt, da am nächsten Tag, als ich ihn da eigentlich noch mal "mitschleifen" wollte ein unangenehmer auflandiger Schwell aufgekommen war, bei dem es mir nicht ratsam schien, das Schiff unbesetzt liegen zu lassen.

27.7.2008 - Bretagne, La Rochelle

Die letzten Tage sind mit netten Tagestörns über die Stationen:
Le Croisic, La Flotte auf Ile de Ré und einem Ankerplatz vor der Ile de Ré, gegenüber von La Rochelle vergangen.
In La Flotte hatte ich eigentlich darauf spekuliert, die laut Handbuch im Hafen vorhandene Waschmaschine zu benutzen. Nachdem es diese nicht gab, haben wir mal wieder die Handwaschmascine aus den Tiefen des Schiffes ausgegraben und ich habe gewaschen, was das Zeug hält. Leider fing es dann an zu regnen und ich musste zum Trocknen die Werkstatt in eine Trockenkammer umfunktionieren. - So kam dann auch die Heizung mal wieder zu Ehren (:-)), -trotzdem ist so ein kleines Schiffchen kaum geeignet, um Wäsche drinnen wirklich trocken zu kriegen. - Zum Glück schien am nächsten Tag schon wieder die Sonne.
Heute haben wir nun La Rochelle erreicht, haben abends Angela vom Bahnhof abgeholt und sind erst mal schön essen gegangen.



31.7.2008  Santander
Zur Eingewöhnung gab es am Abend nach Angelas Ankunft erst mal einen ganz kurzen Schlag zur Île d'Oléron vor La Rochelle, leider gleich begleitet von einer kräftigen Schauerböe, mit sehr dichtem Regen. Die knapp 2 tägige Fahrt nach Santander verlief wegen schwachen Windes leider überwiegend unter Maschine, brachte uns aber einige Delphin Sichtungen, sowie zwei Begegnungen mit Walen, eine davon sogar recht nah!
Einige Stunden vor dem Einlaufen hätten wir fast noch einen dicken, knorrigen Baumstamm gerammt, der hinter dem Vorsegel verdeckt gelegen hatte. Vor der spanischen Küste treibt in diesem Bereich überhaupt allerhand Treibgut verschiedensten Ursprungs herum. -Nachts kann man da eigentlich nur auf die Festigkeit des Rumpfes vertrauen und hoffen, daß es nicht gerade ein Container oder sowas ist, wenn man denn tatsächlich so ein Hindernis trifft.
Santander selbst ist eine sehr schöne Stadt mit einem ausgesprochen lohnenden Fischmarkt. Die Liegegebühren und auch die Preise in den Restaurants sind allerdings eher etwas für Leute mit großzügiger bemessenem Reisebudget. - Nachdem ich für eine Nacht festmachen am Steg über 30 Euro hättee auch i bezahlen sollen, haben wir es vorgezogen, nach einer Dusche für 5 Euro pro Nase (!) wieder abzulegen und unmittelbar vor der Marina vor Anker zu gehen. - Immerhin waren die Leute in der Marina aber trotz entgangener Einnahme sehr freundlich.

20.8.2008  Lissabon
Schließlich haben wir diese erste große Etappe geschafft, Ralf und Angela sind heute Richtung Heimat abgereist - mit einem Flug via Mallorca nach Münster und ich nehme mir mal wieder etwas Zeit, eine kurze Zusammenfassung der vergangenen Wochen zu schreiben.

Die Wettersituation blieb auch nach dem Auslaufen aus Santander am 1. 8. im die meiste Zeit unverändert, d. h. wir waren bei überwiegend schwachen Winden immer wieder gezwungen, die Maschine zu Hilfe zu nehmen, um überhaupt etwas voran zu kommen. Dabei hatten wir allerdings alles andere als ruhige See, vielmehr stand aus NW eine unangenehme Dünung von mehr als 2m Höhe, die wahrscheinlich von einem Sturmtief westlich von Irland bis an die spanische Küste lief. Dadurch blieben uns einige sicher sehr schöne Ankerplätze verschlossen. Wir ankerten als erstes nach Santander abends in der Bucht "Ensenada de Luaña", die etwas Schutz vor der Dünung bot und einen herrlichen Platz für Schnorchel- und Dinghi-Ausflüge abgab.
Am 2.8. wieder wenig Wind, aber immerhin nur noch wenig Schwell. Wir hatten am Abend zuvor ausnahmsweise mal wieder eine Ankerboje gesetzt, weil der Ankergrund hier teilweise felsig sein soll. Nun hatte sich diese verabschiedet, - offenbar hatte sich der Knoten unter Wasser irgendwie gelöst. Nachdem wir sie zunächst verloren glaubten, konnten wir sie schließlich doch noch in erreichbarer Nähe ausmachen, - also sind wir schnell ankerauf gegangen und konnten anschließend die Boje gerade noch wieder einsammeln, bevor sie in die Brandungszone getrieben war. Nachdem wir wieder fast den ganzen Tag unter Maschine fahren mussten, wurde nun langsam der noch verbleibende Dieselvorrat knapp. Abends ankerten wir in der „Ria de Santiuste“ .

Am 3. 8. haben wir vormittags erst mal die bizarren Felsformationen in der Ria de Santiuste aus der Nähe erkundet, wobei das Starten mit dem Dinghi vom Strand eine recht nasse Angelegenheit war, da wir über eine Barre mit leicht brechenden Wellen hinweg mussten. Beim anschließenden Schnorcheln mit der ganzen Familie erwiesen sich die Unterwasserfelsen als wahre Fundgrube für Fisch-Beobachtungen. - Teilweise hätte man die Fische fast berühren können. Nachmittags ging's dann bei zunächst wenig und dann wieder mal gar keinem Wind weiter zur Ria de Niembro, einem Flüsschen mit wirklich idyllischer Einfahrt (allerdings nur, wenn das Wetter, so wie an diesem Tag ruhig ist). Die Einfahrt ist recht eng und spannend. Wenn man um die letzte Biegung vor dem Ankerplatz kommt, ist es mit der Idylle allerdings (zumindest Sonntags) vorbei, denn die kleine Steinpier ist offenbar ein beliebtes Tages-Ausflugsziel der Spanier. Nichtsdestotrotz ist diese Ria ein wunderschönes Plätzchen, in dem wir mangels Raum zum Schwoien allerdings mit Bug – und Heckanker ankern mussten.

Am 4. 8. hatte die Maschine mangels Wind wieder mal keine Zeit kalt zu werden, sodaß wir wegen der Diesel-Knappheit einen Zwischenstop in Ribadesella einlegen mussten. Die im Handbuch beschriebene Bunkerstelle war allerdings für uns nicht nutzbar, da sie mit einem für unsere Verhätnisse doch „etwas zu dicken“ Schlauch ausgestattet ist. Außerdem gab's dort nur zollfreien Diesel, der inzwischen nur noch an die Fischer ausgegeben wird. Also mussten Ralf und ich mit dem Kanister losziehen, um von der nahe gelegenen Auto-Tankstelle 25l Treibstoff heran zu schaffen. Leider haben wir dann beim Ablegen das für solche Zwecke als Tragegriff sehr praktische Rundholz oben auf der Pier liegen gelassen. - Wir hatten noch überlegt, die Nacht in Ribadesella zu bleiben, jedoch gab es in dem Fischerhafen keinen wirklich guten Platz für uns zum Liegen, sodaß wir bei ablaufendem Wasser (die Zufahrt ist bei Niedrigwasser nicht mehr passierbar) eilig wieder ausgelaufen sind, um an diesem Abend noch bis Gijon weiter zu fahren. In Gijon kamen wir dann gegen 19 Uhr an und konnten dort an der Yacht-Bunkerstelle den Dieseltank gleich noch wieder ganz voll machen. Leider mussten wir erfahren, daß wir am nächsten Morgen bis 10 Uhr wieder weg sein mussten, weil ALLE Liegeplätze der Marina ab dann für die angekündigten Teilnehmer der Royan Regatta reserviert waren. - Also musste die Ortsbesichtigung auf den Abend beschränkt werden. In der Nacht wurden Angela und ich dann noch Zeugen einer bemerkenswerten Episode: Am Steg lag eine recht große Yacht von gut 16 m Länge und wohl um die 20 to Verdrängung. Diese hatte nun so festgemacht, daß ihr Bugspriet mit durchaus „schädelunfreundlichen“ Anhängen wie Ankern u. ä. quer über die gesamte Stegbreite ragte. Gegen ein Uhr kamen nun unsere beiden augenscheinlich schon recht angetrunkenen französischen Nachbar-Lieger zurück und zumindest den einen von beiden störte das über den Steg ragende Hindernis offenbar recht heftig (war er vielleicht mit dem Kopf gegen den Anker gelaufen?). - Jedenfalls fing er an, mit der Hand kraftvoll gegen den Rumpf des zum Ärgernis gewordenen Schiffes zu hämmern und lautstark nach dessen Crew zu brüllen. Offenbar war dort niemand an Bord, denn sonst hätten die Aktivitäten auch tief schlafende Crewmitglieder wecken müssen. Schließlich fing der Franzose an, sich an den Leinen der Yacht zu schaffen zu machen. Ich dachte zuerst, er würde das Schiff einfach ein Stück nach hinten holen und provisorisch wieder fest machen. - Doch weit gefehlt! - Stattdessen machte er nacheinander fast alle Leinen los und stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht (20 Tonnen wollen erst mal in Schwung gebracht werden) gegen den Bugkorb, um das Schiff komplett aus der Box zu schieben! Nach vollbrachter Tat beobachteten die beiden lachend noch eine Weile das bis auf eine lange Heckleine frei treibende Schiff und zogen dann nochmal los in die Stadt. Da die Yacht nun drohte, mit ihrem Bugspriet benachbart liegende Schiffe zu beschädigen und selbst mit ihrem Heck langsam auf dem Weg zur Hafenböschung war, sind Angela und ich dann rüber gegangen und haben den „Zossen“ wieder eingefangen und provisorisch festgemacht.

Am 5. 8. haben wir wie vereinbart gegen 10 Uhr abgelegt, - auf den beiden französischen Nachbarschiffen tat sich um diese Zeit, wie wir schon vermutet hatten noch nicht viel, unser direkter Nachbar kam dann zwar mal an Deck, sah aber noch recht verkatert aus... Unterwegs hatten wir unseren ersten (und auf diesem Reiseabschnitt letzten) Angelerfolg. Leider fiel dieser mit einer Makrele doch recht mager aus, und die hatte übrigens noch nicht mal angebissen, sondern das unglaubliche Pech gehabt aus dem Schwarm heraus in die Seite gehakt zu werden. Abends sind wir dann in „Luarca“ eingelaufen. Luarca ist ein sehr netter, lebendiger Fischerhafen, der uns allen so gut gefiel, daß wir hier den ganzen nächsten Tag blieben. So konnte ich morgens mal wieder joggen und es blieb reichlich Zeit, tagsüber den Ort kennen zu lernen, und auf dem sehr vielfältigen Markt diverse Lebensmittel und ein neues Taschenmeser für Ralf zu erstehen.

Am 7. 8. ging es dann wieder weiter, und es sah diesmal mit dem Wind zunächst so viel versprechend aus, daß ich eigentlich schon die Nacht durchsegeln wollte um mit dem günstigen Wind Strecke Richtung Lissabon zu machen.Gegen Nachmittag briste es dann aber tüchtig auf – natürlich aus der falschen Richtung – und der Seegang wurde recht grob, sodaß an Bord eigentlich keiner mehr Lust hatte unter diesen Bedingungen die ganze Nacht auf See zu verbringen. Da traf es sich gut, daß der Hafen Ribadea gegen Abend genau passend an unserer Route lag und so haben wir dann spät abends (22:20) dort in der Nähe einer norwegischen Yacht geankert.

Am 8. August gab es dann tatsächlich mal etwas günstigen Wind und wir sind über Nacht bis nach Corme gesegelt, aber teilweise auch wieder motort. Dort sind wir am 9. 8. gegen Mittag vor Anker gegangen.

Am 10. 8. haben wir uns noch bis zum Nachmittag Zeit zum Bummeln und Einkaufen genommen und sind dann gegen 16 Uhr ankerauf mit Ziel Camarinas gegangen. Die 20sm dort hin haben wir bei recht trübem, regnerischen Wetter gegen 21 Uhr hinter uns gebracht. Der Wetterbericht hatte für den nächsten Tag südliche Winde in Böen bis Stärke 7 angesagt. So friedlich, wie die Ria de Camarino am Abend des Einlaufens da lag mochte man das kaum glauben, aber diesmal sollte der Bericht tatsächlich recht behalten (nachdem er in den vergangenen 2 Wochen doch sehr oft völlig daneben gelegen hatte). Ralf und ich hatten ganz optimistisch noch das Dinghi zum Segeln klargemacht, da unser Ankerplatz doch ein Stück vom Land weg lag. Als wir damit fertig waren, hatten Wind und Welle aber schon so kräftig zugelegt, daß keiner von uns mehr mit dem Dinghi die Bucht überqueren wollte. - Ich fürchte auch, der kleine Segelmast des Dinghis hätte das nicht mit gemacht. So verbrachten wir diesen garstigen Tag mit teilweise heftigen Schauern überwiegend unter Deck mit Lesen und Schlafen. Glücklicherweise hielt der Anker und Milan lag zwar etwas schwankend, aber sicher am Ankerplatz. Der einzige Vorteil war, daß unsere sonst notorisch schwachen Batterien unter diesen Bedingungen durch den lautstark arbeitenden Windgenerator auch bei „Festbeleuchtung mit Musik“ randvoll gehalten wurden.

Nachdem wir am 11.August wegen des rauhen Wetters nicht an Land gekommen waren, beschlossen wir den darauf folgenden herrlich sonnigen Tag doch noch in Camarino zu bleiben. So konnte ich auch noch eine wunderschöne Lauf-Runde zu dem von der Brandung noch umtosten Cabo de Vilhano machen (Ralf und Angela wollten da nicht mit ;-)) einlegen.

So hieß es dann erst am 13. August wieder „Anker hieven“. Dieser hatte sich während des Sturms so tief eingegraben, daß er mit der Winde alleine gar nicht ausbrechen wollte. Erst ein kräftiger Schub mit der Maschine brach den Anker schließlich los. Tagesziel war zunächst Vigo in Spanien, nachdem der Wind sehr günstig war, beschlossen wir, über Nacht weiter bis Povoa de Varzim in Portugal zu laufen. Unterwegs wäre uns auf dieser Strecke fast noch der Windgenerator umgefallen. Da war an der Schelle, die dessen Mast hält ein Gewindebolzen gebrochen. Glücklicherweise habe ich es gerade noch rechtzeitig bemerkt, sodaß wir den Mast provisorisch fixieren konnten. Wir erreichten Povoa de Varzim gegen Mittag des 14. August und waren damit unserem Etappenziel Lissabon schon ein gutes Stück näher gekommen. Da wir hier zum ersten Mal seit Gijon wieder in einer Marina lagen, gab es endlich mal wieder eine Frischwasserdusche für die „Salzbuckel“ von der MILAN. Auch die im Hafen vorhandenen Waschmaschinen wurden von uns ausgiebig genutzt. Am folgenden Tag, dem 14. August waren die Straßen des Ortes dann aus Anlass des Festes zu Ehren der auf See gebliebenen Fischer farbenfroh mit Blumen geschmückt, und auf der Mole wurden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen lautstarke Böller enrzündet. In der Nacht gab es dann noch ein sehr aufwändiges Feuerwerk.

Am 15. August machten wir uns dann abends gegen 17 Uhr wieder auf den Weg mit Ziel „Isla de Berlenga“. Die Fahrt verlief leider wegen leichten Windes wieder mal zum großen Teil unter Maschine. Dafür wurden wir aber des öfteren von Delphinen begleitet, einmal auch nachts bei Meeresleuchten, was wegen der Leuchtspuren, welche die Delphine dann hinter sich her ziehen immer ein ganz besonderes Erlebnis ist. In der Nacht gab es auch recht viele Sternschnuppen – ob die Wünsche wohl in Erfüllung gehen?
Unterwegs war irgendwann der Rohrkicker, der den Großbaum mittels Federdruck abstützt aufgegangen und wir mussten den Großbaum eiligst erst mal mittels einer Dirk sichern, um dann neue Gewinde ins Rohr zu schneiden und dickere Schauben einzusetzen – alles bei dem zwar leichten, aber doch vorhandenem Schwell gar nicht so einfach. Da der Ankerplatz vor der Insel nur bei Tageslicht angelaufen werden sollte, mussten wir dann ein Stück vor der Insel in der Nacht zum 17. August nochmal gestoppt bis Tagesanbruch warten. Da mir der felsige Ankergrund dann aber doch irgendwie nicht behagte, haben wir uns schließlich eine der freien Muring Bojen ausgeliehen, statt selbst zu ankern (seit mir vor der türkischen Küste einmal eine Ankerkette unter Felsplatten so festgekommen war, daß sie nur noch mittels Tauchgang in 8m Tiefe frei zu bekommen war, bin ich mit dem Ankern bei Felsgrund wahrscheinlich etwas zu ängstlich).
Tagsüber erkundeten wir die nähere Umgebung unseres Liegeplatzes mit dem Dinghi und mit Schnorchel-Ausrüstung. Für letzteres sind die zerklüfteten Felsen am Ufer mit jeder Menge Fischen einfach traumhaft. Auch Angela war diesmal mit der für sie neuen Ausrüstung schon recht sicher. Um vor dem Rückflug von Angela und Ralf noch etwas Zeit für Lissabon zu haben, sind wir dann gegen 23 Uhr am gleichen Abend schon wieder weitergefahren. Leider hatten wir wieder mal Flaute und dann war nach der ersten Stunde auch noch die Maschine überhitzt, sodaß wir erst mal eine Zeit lang auf der Stelle dümpelten. Nachdem die Maschine soweit abgekühlt war, daß man ohne Gefahr, sich zu verbrennen etwas daran machen konnte, habe ich erst mal den Impeller der Seekühlwasserpumpe inspiziert, und tatsächlich - der war hinüber und so war der Fehler durch Austausch des Impellers glücklicherweise bald behoben. Am Montag, den 18. August lagen wir dann nachmittags hier im "Doca de Alcantara", nachdem wir zuvor noch rund 120l Diesel im Doca de Belem gebunkert hatten. Beim Einlaufen in den Rio Tejo konnten wir sogar mal wieder segeln, und das mit bis zu 7 kn bei herrlichem Wetter!
Lissabon ist schon eine tolle Stadt, - leider hatten wir mit knapp 2 Tagen viel zu wenig gemeinsame Zeit dafür, da Angela und Ralf ja am 20. zurück nach Deutschland fliegen mussten.

27.8.2008  Seixal

So bin ich seit einer Woche wieder allein, und habe meinen Standort nach ein paar Tagen auch aus Kostengründen (jeder Tag in der Marina in Lissabon kostet immerhin 25 Euro) an einen ruhigen Ankerplatz vor Seixal verlegt. Seixal liegt praktisch gegenüber von Lissabon am Südufer des Rio Tejo und ist eine ganz niedliche kleine Stadt.
Morgen werde ich zur Tagus Yachtwerft hier in der Bucht verholen, um das Schiff dort für meinen geplanten Deutschland Aufenthalt im September liegen zu lassen.
Die letzte Woche ist mit einigen Wartungs und Reparaturarbeiten und etwas Sightseeing in Lissabon und Seixal eigentlich sehr schnell vergangen. Das Schiff ist jetzt eigentlich schon wieder soweit fit für die nächste Etappe, insbesondere die Bordbatterien sind ausgetauscht. - Zwar sind die neuen absolut nicht perfekt, und sind auch nicht mehr wartungsfrei, aber ich bin zuversichtlich, daß es für den Rest der Reise auf jeden Fall besser sein wird, als mit den alten.
Gestern habe ich mal wieder versucht, hier einen Internet Zugang via WiFi zu finden. Die Auskunft im "Tourismo" klang erst mal ganz vielversprechend: In der städtischen Bibliothek gibt's kostenfreies WiFi! - Dort angekommen, musste ich dann aber hören: It's closed until September - obwohl es gar nicht so aussah und der Router war offenbar auch in Betrieb, jedoch hätte man ein Benutzerkonto haben müssen. Auf meine Frage, ob es denn noch einen anderen Ort mit Internet Zugang gebe wurde ich dann erst mal zum "Quinta da Fidalga" geschickt - einer Art Schlossgarten, der dann auch noch zu hatte (;-)) - keine Ahnung, wie dieses Missverständnis zustande gekommen ist. Jedenfalls habe ich es dann aufgegeben - ist ja im Moment auch nicht so wichtig, da ich in Kürze ohnehin erst mal nach Deutschland fliegen werde.

1.10.2008-7.10.2008  Seixal nach Madeira

Nachdem ich am 29.9. per Flugzeug recht schnell wieder in Lissabon angekommen war, sollte das Schiff am gleich am nächsten Tag in der Werft zur Inspektion / Reinigung des Unterwasserschiffs nochmal aus dem Wasser. Soweit war alles noch wie ich es Ende August verlassen hatte, bis auf leichten Algenbewuchs im Wasserpass Bereich. Vor dem Kranen musste noch ein kleines Motorboot verholt werden, das bei mir längsseits lag. Zum Ausbringen der Warpleine musste ich auf einem relativ schmalen Tritt achtern um die geschlossene Persenning der innen liegenden Yacht klettern und beim Übersteigen auf den Ponton bin ich dann ausgerutscht und mit den Rippen ziemlich heftig auf die Kante des Pontons aufgeschlagen, sodaß ich eine Weile gar keine Luft mehr bekam. - Die Leine habe ich trotzdem nicht losgelassen (☺), und auch die von mir auszuführenden Arbeiten am Unterwasserschiff habe ich wie geplant durchgeführt, aber die Schmerzen in der Folgenacht waren doch so heftig, daß ich mir aus der Bordapotheke ein starkes Schmerzmittel genehmigt habe. Am 1. 10. war ich soweit klar zum Auslaufen und die Schmerzen waren nicht mehr so schlimm, also ging es früh gegen 8 Uhr los. Die Ausfahrt aus dem Rio Tejo wurde zwar mangels Wind noch unter Maschine durchgeführt, aber auf See fing bald ein kräftiger Nordwind an, mich zügig Richtung Madeira zu blasen. Die folgenden 3 Tage waren einfach traumhaftes Segeln bei raumen bis halben stetigen Winden um 5-6Bft. Dabei wurden Tagesstrecken von bis zu 150 sm erreicht und es gab immer wieder Delphine und einige Male auch Wale zu sehen. Am zweiten Morgen fand ich an Deck einen kleinen Kalmar, der in der Nacht wahrscheinlich auf der Flucht vor einem größeren Fisch wohl zu hoch aus seinem Element gesprungen war.

Vor Porto Santo, der Nachbarinsel von Madeira angekommen, ging ich erst mal auf der Reede vor Anker, um dann nach Rücksprache via Funk an einem Liegeplatz im Hafen festzumachen. Schließlich sollte doch erst einmal das Salz von Skipper und Schiff abgespült werden und der Wassertank gefüllt werden. Nach 2 Tagen Aufenthalt im Hafen und einer ausgiebigen Wanderung über die im Gegensatz zu Madeira eher karge Insel ging es dann am 7. 10. weiter nach Funchal auf Madeira. - Nach 40sm Segeln / motoren bei leichten nordwestlichen Winden fiel gegen 23 Uhr der Anker im Hafen von Funchal inmitten eines grandiosen Lichtermeers und gegenüber der riesigen Leuchtschrift auf der Hafenmole: „500 Anos Funchal“ - 500 Jahre Funchal.

8.10.2008-29.10.2008  Madeira

Die 10 Tage bis zur Ankunft von Angela und Ralf aus Deutschland vergingen wie im Fluge mit Ausflügen per Linienbus zum botanischen Garten, zum Ostende der Insel und ins Landesinnere zum „Nonnental“. Die Busfahrten auf den Straßen von Madeira (die auch vom Pilot Book über die Insel als „mildly expressed exciting“ beschrieben werden) sind allein schon ein Erlebnis. Man kann diese Busfahre nur bewundern, wie sie mit schlafwandlerischer Sicherheit auf diesen kurvenreichen Strassen mit teilweise extremen Steigungen dahin brausen. - Gegenüber meinem letzten Besuch vor 10 Jahren sind viele Straßen mittlerweile aber auch schon wesentlich besser ausgebaut, sodaß der Job der Busfahrer demgegenüber schon etwas einfacher geworden ist.

Neben den reinen Landausflügen stand noch ein kleiner Segeltörn zu den unbewohnten Ilhas Desertas auf dem Programm, die ca. 10sm südlich von Madeiras Ostspitze liegen und die neben faszinierenden Felsformationen vor allem ein ausgezeichnetes Schnorchel-Revier bieten. Die Ranger, die das dortige Naturschutzgebiet betreuen, waren ausgesprochen freundlich und mitteilsam. Schade war lediglich, dass man mich wegen akuter Steinschlag Gefahr nicht auf das 400m hoch gelegene Oberland kraxeln lassen wollte.

Am Vortag der Ankunft von Angela und Ralf wurde nochmal ordentlich Reinschiff gemacht und sogar eine Blume in den Salon gestellt (als „Vase“ musste der Messbecher aus der Pantry herhalten). Abends dachte ich dann, es wäre eine gute Idee, per Kanister nochmal 30l Frischwasser an Bord zu bringen. Beim Umladen aus dem Beiboot sorgte ich dann ganz unerwartet für Heiterkeit bei den umliegenden Ankerliegern bei und das kam so: Wie in früheren Jahren immer wieder problemlos praktiziert, wollte ich den vollen 20l Kanister einfach direkt per Hand an Deck heben. - Nun ist aber insbesondere mein rechter Arm ja bei weitem nicht mehr so kräftig wie in jenen besseren Zeiten und ich hätte einfach beim ersten Ansatz merken sollen, dass es so nicht mehr geht und auf den umständlicheren aber sicheren Plan B (s.u.) wechseln sollen. Das tat ich aber nicht, sondern versuchte mein Glück trotzdem mit diversen Verrenkungen, bis ich schließlich vom Gewicht des außenbords hängenden Kanisters gezogen mit lautem Platsch im Wasser landete. Da Süßwasser ja etwas leichter als Seewasser ist, schwamm der Kanister wenigstens noch an der Oberfläche, sodaß ich ihn wieder über die Seite ins Dinghi schieben konnte, - was allerdings den Nebeneffekt hatte, daß das Dinghi dabei über die Seite halb voll Wasser lief. Daraufhin konnte ich gleich auch selbst wieder ins „tiefer gelegte“ Beiboot rutschen und von dort aus – diesmal ohne Kanister – die Bordwand des Schiffes erklimmen (die Badeleiter war natürlich nicht ausgebracht, da ich ja nicht vorgehabt hatte zu baden). Ich hatte nun eingesehen, daß das Manöver wohl nur noch mit „Plan B“ gehen würde und schlug das Spi Fall an beide Kanister an, die ich dann mit der Winsch an Deck hievte. - Typischer Fall von Selbstüberschätzung nach dem Motto: „Das MUSS doch gehen! - Habe ich immer so gemacht.“

Am nächsten Tag war ich zur Begrüßung schon recht frühzeitig zum Flughafen gefahren, allerdings rief dann nach einiger Zeit Angela an, um mitzuteilen, daß sie den Anschlussflug aus Lissabon verpasst hatten, weil sie irrtümlich im falschen Terminal gewartet hatten. Da war der Ärger natürlich erst mal groß aber nach einigem Hin und Her konnten die beiden bereits einige Stunden später mit der nächsten Maschine ohne Mehrkosten weiter fliegen und kamen dann gegen 21 Uhr an, was uns auch noch die Möglichkeit bot, statt dem teuren Taxi den letzten Bus nach Funchal zu nehmen.

Die folgende Woche verging auch wieder rasend schnell. Am ersten Tag besuchten wir nochmal den botanischen Garten in Funchal, wo ich gleich nochmal eine zweite Genehmigung zum Anlaufen der Ilhas Desertas besorgte, da ich diesen zum Schnorcheln und relaxen wunderbaren Platz auf jeden Fall auch Angela und Ralf zeigen wollte. Highlights in dieser Woche mit Angela und Ralf waren:

Auf dem Rückweg von den Desertas, bekamen wir noch ein paar ziemlich heftige Böen zu spüren: Obwohl wir praktisch schon Sturmbesegelung führten, wurden wir einmal mehr als 50° auf die Seite gedrückt, sodaß beinahe Wasser über die Seite ins Cockpit gelaufen wäre. Beim Loswerfen der Großschot hat sich Ralf dann prompt noch die Hand an der durchrauschenden Schot verbrannt. Da wir bei diesen Verhältnissen nicht auch noch langwierig Aufkreuzen wollten, sind wir dann nicht wie geplant über die wunderschöne Baia de Abra, sondern direkt nach Funchal zurück gesegelt.

Nachdem ich Angela und Ralf zu nachtschlafener Zeit mit dem Mietwagen zum Flughafen gebracht hatte, habe ich den Wagen noch einen Tag behalten, um noch eine im Reiseführer als anspruchsvoll beschriebene Wanderung zwischen den beiden höchsten Gipfeln Madeiras (Pico de Arieiro und Pico de Ruivo) zu machen. Dieser Ausflug war wirklich traumhaft schön und hat mir ein paar unvergessliche Eindrücke von der Bergwelt Madeiras beschert.

Am Montag, den 27.10. hieß es dann ankerauf zur Fahrt in die Marina Quinta do Lorde, wo das Schiff für meinen geplanten 3 wöchigen Aufenthalt in Deutschland unbesetzt liegen sollte. Der kurze Törn von etwa 17sm verlief ohne Probleme, obwohl ich bei kräftig auffrischendem Wind zeitweilig schon befürchtete, ich müsste beidrehen und das noch aufgebaut an Deck liegende Dinghi unterwegs zusammen klappen. Der Seegang wurde dann aber doch nicht so hoch, daß das Dinghi größere Mengen Wasser übernommen hätte. Der Service in der Marina ist extrem gut. - Ich hatte vor der Hafeneinfahrt nochmal via Funk nach einer Liegeplatz Zuteilung gefragt, woraufhin extra ein Mitarbeiter im Schlauchboot zu mir raus kam, um mich an den zugewiesenen Liegeplatz zu führen. In den beiden Folgetagen war das Wetter dann ziemlich schlecht mit sehr starken Fallböen und immer wieder durchziehenden Regenschauern. Im Hafen steht bei solchen Bedingungen leider leichter Schwell und es wird empfohlen, insbesondere bei unbesetzter Liegezeit doppelte Leinen auszubringen. So lag Milan dann bei meiner Abreise wie in einem Spinnennetz an Leinen zu beiden Seiten, sodaß während meiner Abwesenheit wohl nichts passieren sollte.

24.11-13.12. 2008 Madeira – Lanzarote-Mindelo/Kapverdische Inseln

Am 24. bin ich ganz planmäßig mit dem Flieger aus Lissabon angekommen und konnte den über die Marina reservierten Mietwagen übernehmen. Etwas spannend war das Umsteigen in Lissabon gewesen, da ich dort bis zum Anschlussflug nur 20min Zeit hatte. Also ging es im Laufschritt zum Ausgang für Terminal 2, wo der große Transferbus auch sofort mit mit als einzigem Fahrgast los fuhr, nachdem ich dem Fahrer gesagt hatte, welchen Flieger ich noch erreichen müsste.

Am Schiff war noch alles in Ordnung und am 25. kamen denn auch Ria und Jürgen wie verabredet auf dem Flughafen an, wo ich sie mit dem Mietwagen abholte. Am 26. hieß es dann nachmittags Leinen los Richtung Kanaren. Ich hatte mir zuvor noch eine Genehmigung für den Besuch der Ilhas Selvagens besorgt. Das Ablegen verlief leider nicht glatt. - In einer kräftigen Windböe wurde ich beim Drehen soweit versetzt, dass ich mit der Reling im Buganker des Nachbarschiffs hängen blieb. Mit Schlepphilfe durch das Schlauchboot der Marina kamen wir schließlich wieder frei und ich ging zur Treibstoffübernahme nochmal an die Bunkerstelle der Marina um Tank und Reservekanister zu füllen. Danach ging es dann raus und nach ca. 2sm fiel mir ein, dass ich über der Aufregung mit dem missglückten Ableger ganz vergessen hatte, auszuklarieren und Jürgens und Rias Pässe vorzulegen. Glücklicherweise konnte das Problem aber via Handy gelöst werden, indem ich Cathja im Marina Office die fehlenden Passnummern durchgab. So blieb uns das Umkehren erspart.

Wind und Seegang wurden mit dem Verlassen der Landabdeckung ziemlich kräftig und leider wurde Jürgen dadurch sehr bald so seekrank, dass er erst einmal komplett ausfiel und mit Ralf's Spuck-Schüssel in der Koje verschwand. Die Reisegeschwindigkeit war bei dem kräftigen Wind doch deutlich schneller, als ich geschätzt hatte und so hätten wir bei den Ilhas Selvagens praktisch eine ganze Nacht beigedreht abwarten müssen, da man die Inseln wegen ungenau vermessener Karten und fehlender Leuchtfeuer nur bei Tage nach Sicht anlaufen kann. Da Jürgen's Seekrankheit doch recht schlimm war und ich auch nicht sicher war, ob der Ankerplatz hinter der winzigen Insel bei diesen Bedingungen überhaupt ruhig sein würde entschloss ich mich dann doch, den Aufenthalt auf den Selvagens zu streichen und direkt weiter nach Graciosa bei Lanzarote zu segeln.

Graciosa ist eine nette kleine Insel, die vom Massentourismus bislang vollkommen verschont blieb und in deren Marina sich stattdessen eine illustre Gesellschaft von segelnden Weltenbummlern versammelt hat. Das liegt auch an den äußerst günstigen Liegegebühren von nur 5€ pro Tag. Kurzum, Graciosa ist ein wunderbarer Ort um zu entspannen und interessante Leute kennen zu lernen. Ärgerlich war nur, dass ich mir beim Anlegen achteraus die Windfahne vom Windpilot angebrochen habe. - Die Hafenmanöver auf diesem Abschnitt wollten einfach nicht so recht klappen!

Die wohl interessanteste Geschichte aus der Seglergemeinde von Graciosa ist wohl die von der deutschen Seglerin (mit bayrischem Akzent), die zusammen mit zwei französischen Seglern bereits seit 14(!) Monaten hier fest hing, weil es dem französischen Skipper eingefallen war, ausgerechnet auf dieser abgelegenen Insel eine größere Yacht zu kaufen, in der Hoffnung, seine bisherige kleinere Yacht bald verkaufen zu können. Das mit dem Verkauf hatte nun aber bereits 18 Monate nicht geklappt und so fressen Liegegebühren für zwei Schiffe und Lebenshaltungskosten weiterhin das Budget für die Weiterreise auf. Hinzu kommt, dass die neu erworbene Yacht zwar schön groß ist (so um 15m), aber überhaupt nicht segelfertig ausgerüstet. - Es fehlte z. B. Das Großsegel und jegliche Navigationselektronik. Als Großsegel hatten sie zwar gerade von anderen Seglern im Hafen eine ausgediente alte Genua geschenkt bekommen, aber das kann natürlich allenfalls ein Notbehelf sein. Beim probehalber Setzen dieses „Großsegels“ zeichneten sich Skipper und Bootsmann auch nicht durch besonders vorausschauendes Denken aus: Das Segel wurde erst einmal einfach am Fall nach oben gezogen, ohne unten irgendwo befestigt zu sein und wehte daraufhin natürlich weit über den Köpfen der überraschten Segler zum Nachbarschiff hin aus. Die Bordfrau konnte es dort allerdings dann in einer kurzen Windpause wieder nach unten angeln und an ihre französischen Partner zum Festmachen überreichen.

Nach einem sehr erholsamen Hafentag sind wir dann am 1.12. wieder Richtung Lanzarote ausgelaufen. Beim Setzen des Großsegels löste sich auf halbem Wege der Schnappschäkel des Großfalls und das Großsegel kam wieder herunter, während sich das Fall ganz oben um das Achterstag wickelte. Die Serie von kleinen Pannen wollte wohl einfach nicht abreißen. Zu allem Überdruss war dann auch noch die GPS Antennenleitung wieder mal durch Nässe kurzgeschlossen. Dabei war ich mir so sicher gewesen, dass die Verbindungsstelle nach der erneuten Reparatur auf Madeira dicht sein müsste! Das Großsegel wurde dann halt mit dem Reservefall hochgezogen und nach etwa der Hälfte der Strecke konnten wir sogar den Spinnaker noch setzen, sodass es doch noch ein wunderschöner Segeltag wurde. Am Nachmittag machten wir dann in der äußerst noblen Marina Puerto Calero fest. Besonders augenfällig wird der gehobene Status dieser Marina an den blank polierten glodenen Pollern auf der Pier. Einige Multi-Millionärs-Luxusyachten waren auch anwesend. - Was man wohl für so eine 35m Yacht an Liegegebühr zahlt, wenn mein kleines Boot schon 27€ pro Tag kostet? Für den Preis war aber auch alles inklusive, was das Seglerherz nach einer Seefahrt so begehrt: Saubere Duschen, Landstrom, Wasser aus dem Schlauch und Internetzugriff über WiFi vom Boot aus.

Jürgen war dann so freundlich, ein Auto zu mieten und so konnten wir die faszinierende Lava Landschaft der Insel am folgenden Tag ausgiebig erkunden und auch meine Provianteinkäufe für die kommende Etappe zu den Kapverden und nach Afrika bequem an Bord schaffen. Die Insel ist schon irgendwie faszinierend, aber für meine Begriffe doch etwas zu karg und vor Allem stört mich der sehr ausgeprägte Massentourismus.

Am 4.12. hieß es dann Abschied Nehmen von Jürgen und Ria und gegen Mittag hieß es dann alleine wieder Leinen los mit Zielort Mindelo auf Sao Vicente/Kapverden. Das war den ersten Tag über wieder ein ganz komisches Gefühl, so ganz allein zu sein, aber schon am zweiten Tag hatte ich mich wieder an die Einsamkeit gewöhnt und konnte die Reise so richtig genießen, vor allem auch weil das Wetter von Tag zu Tag angenehmer wurde, nachdem es auf den Kanaren doch manchmal schon recht kühl war (abends hatten wir dort sogar die Heizung angemacht!).

Am 12. Dezember früh um 9 habe ich vor Mindelo/Sao Vicente geankert. Eigentlich hätte ich schon um 4 Uhr da sein können, aber ich wollte lieber im Hellen einlaufen, was auch sicher besser war, - also habe ich noch ein paar Stunden beigedreht auf See gewartet. Der Anker hielt erst im zweiten Versuch an einer anderen Stelle etwas weiter draußen (leider mit ziemlich weitem Weg zu paddeln).

Die Seetage auf diesem Abschnitt sind eigentlich unheimlich schnell vorüber gegangen - mit Spinnaker Setzen/Bergen (je nach Wind), dies und das reparieren, Kochen etc. etc.. Am ersten Tag hatte ich noch 4 Frachter an einem Tag gesehen, aber danach bis zur Ankunft kein einziges Schiff mehr, sodaß die Nächte recht entspannt waren. Das Wetter seit dem Montag nach der Abfahrt so warm, daß man auch Nachts höchstens noch ein T Shirt brauchte und der Wind war mit ENE bis NE 4-6 traumhaft stabil geblieben. U.a. habe ich mich mit dem portugiesisch Lehrbuch beschäftigt und bin darin bis Lektion 10 von 11 gekommen. Ansonsten habe ich gelesen, gekocht etc. Auch die GPS Leitung habe ich mal wieder geflickt; wenn es jetzt nochmal Probleme damit gibt, muss ich wohl die ganze Leitung bis zum Empfänger austauschen, denn die Feuchtigkeit ist offenbar schon sehr weit in die Abschirmung eingedrungen. Da kann man dann von außen natürlich abdichten, soviel man will, wenn das Kabel bereits innen feucht ist...

Am Donnerstag vor der Ankunft habe ich nachmittags doch tatsächlich noch eine 60cm lange Goldmakrele gefangen.

In der darauf folgenden Nacht hatte ich's dann auch nochmal mit Fischen, - ich stehe so nichts böses ahnend am Ruder um den Kurs nochmal etwas zu korrigieren, plötzlich schlägt mir etwas kräftig auf den Hinterkopf und zappelt anschließend im Cockpit herum, ein ca. 15cm langer fliegender Fisch, der dieses zweibeinige Hindernis weder erwartet noch gesehen hat! - Den armen Kerl habe ich dann aber wieder in sein Element befördert, - ich hatte ja auch erst mal genug Fisch für die nächsten Tage.

Weitere besondere Vorkommnisse auf der Überfahrt:



13.12. 2008 – 14.1.2009 Kapverdische Inseln

Mindelo selbst ist eigentlich sehr schön, wenn da nur nicht die vielen aufdringlichen Helfer wären, die einem ihre Dienste oder Waren aufdrängen wollen. Ich musste erst mal lernen, damit umzugehen und komme immer noch nicht besonders gut damit klar. Der Trick ist, dass man den Leuten freundlich zuwinkt und sie ansonsten ignoriert. Sobald man sich auf irgendein Gespräch mit ihnen einläßt, kleben sie einem an den Hacken und man wird sie nur schwer wieder los. Manchmal hat das natürlich auch Vorteile, denn wenn man wirklich mal jemanden zum Helfen braucht, muss man nicht lange suchen. So musste ich z. B. nur mit meiner Gasflasche, die ich füllen lassen wollte auf der Pier auftauchen und schon hatte ich jemanden, der mir für 100Escudos (ca. 1€) half, das schwere Ding zur Füllstation zu tragen.

Das Wetter am Ankerplatz war den Tagen nach der Ankunft etwas ruppig, - Böen der Stärke 9-10 und zeitweise sogar Regenschauer -, sodaß ich zunächst mit dem kleinen Dinghi vom Ankerplatz aus gar nicht an Land kam. Am 13.12. ist das Dinghi dann auch noch am Heck des Schiffes gekentert und hat dabei nahezu alle Splinte für die Ruderduchten und die Ruderpinne verloren. Beim Versuch, das Dinghi an Deck zunehmen ist es mir dann in einer weiteren Böe soweit nach oben geflogen, dass es dabei alle Rotoren vom Windgenerator zertrümmert hat. - Das war kein guter Tag! Ich habe noch am selben Tag die Ersatzteile via Internet nach Hause bestellt, damit diese möglichst noch von Angela und Ralf zu Weihnachten mitgebracht werden konnten.

Die Tage, in denen das Landen mit dem Dinghi wegen des starken Windes nicht möglich war vergingen recht schnell mit diversen Reparaturen und Wartungsarbeiten: Der Kocher wurde endlich sauber waagerecht aufgehängt, die Kompassbeleuchtung wurde repariert...

Am Strom musste ich dank des Windgenerators nicht sparen, sodass abends reichlich Licht in der Kabine eingeschaltet sein konnte und laute Musik gehört werden konnte.

Als der Wind am 15. immer noch nicht nachgelassen hatte, habe ich dann aber trotz der Kosten doch in die Marina verholt. Dort konnte zudem Wasser einfach per Schlauch nachgefüllt werden.

Am 16. ging es dann mit der großen Fähre zur Insel Santo Antao. - Diese Insel ist wegen des kleinen Hafens mit dem eigenen Schiff nur schwer anzulaufen. Auf der Insel angekommen erwarten den Touristen gleich unzählige Fahrer von „Aluguers“, die ihre Transportdienste anbieten. Aluguers sind (meist Toyota) Kleinbusse, die hier als Sammeltaxi Personen und Güter über Land transportieren und die nach deutschen Regeln vielleicht für max. 15 Fahrgäste freigegeben wären, die aber hier durchaus mit über 20 Leuten besetzt werden. - Man sucht sich einfach ein Aluguer mit passendem Fahrtziel (meist wird man in kurzer Zeit von mehreren angesprochen, wenn man einfach so durch die Straßen läuft) und dann fährt man erst Mal in der Stadt im Kreis herum, wobei der Fahrer und ein Assistent immer wieder Passanten anrufen, ob sie mitfahren wollen. Das geht so lange, bis der Fahrer meint, das Aluguer ist voll (also so bei 20 Insassen) oder bis er keine Hoffnung mehr hat, noch passende Fahrgäste zu finden und dann geht es los. Das Ganze ist für den Einzelnen dann wirklich billig - ca. 2,50€ für 1 h Fahrt (die Fahrgastsuche nicht eingerechnet) und es ist für unsereins eine wunderbare Gelegenheit Eindrücke von der einheimischen Lebensart zu gewinnen. Aluguers transportieren hier alles mögliche mit - Zuckerrohrbündel, Kartoffelsäcke, Hühner ....

So hatte ich denn auch schnell ein Fahrzeug gefunden, das mich zusammen mit 15 -18 anderen Insassen an die Nordküste der Insel und zur Abfahrt der Fähre wieder zurück bringen sollte. Die Fahrt durch's Bergland und die anschließende kleine Wanderung durch ein fruchtbares Tal mit allerhand tropischen Pflanzen waren ein echt tolles Erlebnis.

Tags darauf, am 17. habe ich mich dann am Nachmittag auf den Weg zur ca. 160sm entfernten Insel Santiago gemacht, - schließlich wollte ich auf jeden Fall rechtzeitig dort sein, um die Insel schon mal ein bisschen kennen zu lernen, bevor Angela und Ralf am Heiligabend dort eintreffen sollten. Zuvor war noch die Wäsche aus der Wäscherei abzuholen, was sich leider etwas verzögerte und dann musste ich an Bord auch noch feststellen, dass eine der Jeans nicht mit zurück gegeben worden war. - Also im Schweinsgalopp nochmal zur Wäscherei, wo ich nun zur Mittagszeit vor verschlossener Tür stand! Nach lautstarkem Klopfen, wurde aber doch nochmal geöffnet und ich konnte die fehlende Hose in einem bunten Haufen Wäsche ausfindig machen.

Die Überfahrt nach Santiago verlief ohne besondere Vorkommnisse, war allerdings mangels günstiger Winde eher langsam, sodass ich erst am 19.12. den Anker in der Bucht der alten Hauptstadt von Santiago -Cidade Velha fallen lassen konnte.

Vom Glanz vergangener Tage als Hauptstadt der Kapverden ist nicht viel geblieben. Lediglich die Ruinen der alten Festung und der Kathedrale erinnern noch an diese Zeit. Heute ist Cidade Velha ein kleines Fischerdorf, mit einem wunderbaren Ankerplatz in kristallklarem Wasser, an dem man so richtig ausspannen kann. Außerdem habe ich die Zeit genutzt, um Milan's Unterwasserschiff zu putzen. Am Abend des ersten Tages dort habe ich gleich noch eine gute Tat vollbracht und mit dem Dinghi einige Jugendliche von einem vorgelagerten Felsen zum Strand übergesetzt. Die Jungs waren zum Angeln wohl rüber geschwommen und hatten wohl zu dem Zeitpunkt als ich vorbei ruderte genug gefangen, sodass sie mich heftig winkend baten sie doch mitzunehmen. Gutmütig, wie ich bin, fand ich natürlich nichts dabei und habe mich prompt als Fährmann zur Verfügung gestellt. Allerdings hatte ich nicht bedacht, dass dann natürlich gleich die ganze Gruppe mit wollte. Ich konnte gar nicht so schnell „Stop!“ rufen, wie 5(!) der Fischer das Dinghi geentert hatten. Den 6. konnte ich dann noch abwimmeln und schwimmen schicken, - sonst wären wir vielleicht untergegangen;-) Der Vorteil war, dass ich den Rest der Strecke nicht mehr selbst paddeln musste und ein paar Freunde gefunden hatte. Die einheimischen sind sehr freundlich, obwohl man auch hier von den Kindern an beinah jeder Ecke mit „Escudo“ angesprochen wird. Pech war, dass ich am 2. Tag meines Aufenthalts beim Start mit dem Dinghi vom Strand in einer Welle ausgerutscht bin und dabei die Kamera gewässert habe, die daraufhin erwartungsgemäß den Dienst quittierte. Ein Versuch, sie durch trocken legen bei geöffnetem Gehäuse wieder zum Leben zu erwecken schlug leider fehl. So wünschte ich mir dann zu Weihnachten von zu Hause noch eine neue Kamera, die Ralf trotz seiner knappen Zeit während der wenigen Tage bis zur Abreise aus Deutschland noch besorgen konnte.

Am Montag, den 22. Dezember, 2 Tage vor Ankunft von Angela und Ralf habe ich dann die 7sm bis zur aktuellen Hauptstadt Praia verlegt, wo ich beim Anlanden mit dem Dinghi gleich von meinem neuen „Freund“ Lukas begrüßt wurde, der mir seine Dienste als Aufpasser für's Dinghi anbot. Lukas blieb mir dann für die kommenden Wochen meines Aufenthaltes auf den Kapverden treu und kassierte jeden Tag für verschiedene Dienste zwischen 200 und 400 Escudos von mir. Im Lauf der Zeit bekam ich später zwar mit, dass ich damit ein aussergewöhnlich gut zahlender Kunde war, aber reduzieren konnte ich das dann irgendwie auch nicht mehr. Einmal gab es sogar fast eine Schlägerei mit einem anderen „Boy“, der sich tatsächlich erdreistete, das lukrative Aufpasser Geschäft für mein Dinghi übernehmen zu wollen. - Das ließ sich Lukas aber natürlich nicht gefallen!

Am 24. spät abends und mit fast 2 h Verspätung kamen dann Angela und Ralf tatsächlich aus Deutschland an. - Der Flieger konnte nicht pünktlich starten, weil die überwiegend kapverdischen Passagiere wohl erheblich zuviel Handgepäck mit in die Kabine schleppen wollten, das ihnen dann unter lautstarken Diskussionen von Flugpersonal wieder abgenommen werden musste. So hatten die beiden schon beim Start einen Hauch von afrikanischer Lebensart mitbekommen (obwohl viele Kapverdianer vehement bestreiten, dass die Kapverden zu Afrika gehören, ist doch insbesondere auf Santiago schon so Einiges afrikanisch). Heiligabend verlief dann bei uns mal ganz anders – ohne Bescherung, Festessen etc. Nachdem unser Gepäck von Lukas & Co ins Dinghi verladen worden war und ich uns zum Schiff gerudert hatte, waren alle so müde, dass bald nach der Ankunft nur noch geschlafen wurde. Der 25.Dezember ist auch auf den Kapverden ein geruhsamer Feiertag und so war auf den sonst sehr geschäftigen Straßen Praias kaum Betrieb. Ich hatte mit frischem Proviant vorgesorgt und so gab es an Bord abends ein vorzügliches Essen, nachdem wir tagsüber ein wenig durch die Stadt geschlendert waren und die Bescherung nachgeholt hatten. Die folgenden Tage vergingen wieder wie im Fluge mit Besorgungen auch auf dem schon sehr afrikanischen, lebendigen Markt und Wanderausflügen ins Landesinnere. Dabei waren insbesondere auch die Anfahrten mit dem Aluguer jedes Mal ein Highlight.

Am 29. segelten wir dann zur Nachbarinsel Maio, um dort Sylvester zu verbringen. Als wir ankamen, lag da schon ein deutscher Einhandsegler mit Namen „Milan“ (den Namen des Schiffes habe ich leider vergessen). Milan wollte ursprünglich nach Brasilien segeln, aber dann hatte es ihm hier auf den Kapverden und insbesondere auf Maio so gut gefallen, dass er schon seit einigen Monaten hier war. Auf Maio leben auch einige Deutsche, die sich hier angesiedelt haben.

Am 3. Januar war es dann leider soweit und Angela und Ralf mussten wieder zurück nach Deutschland fliegen. Der Flug ging spät abends und da ich das Schiff hier in Praia nachts nur sehr ungern unbesetzt gelasssen hätte, habe ich die beiden nur zum Taxi und nicht mehr zum Flughafen gebracht. Wir hatten uns nachmittags zwar mit einem Taxifahrer für den Abend verabredet, aber der kam leider nicht. Glücklicherweise waren trotz der späten Stunde noch genügend andere Taxen unterwegs. Um mich von der Einsamkeit abzulenken bin ich dann gleich am nächsten Tag Richtung Fogo losgesegelt. Bald nach dem Auslaufen hatte ich mal wieder beide Angeln zum Schleppen raus gehängt. Diesmal biss dann auch tatsächlich schon kurze Zeit später einer an, was sich durch heftiges Biegen der Route bemerkbar machte. Als ich dann versuchen wollte, den schweren Fisch heran zu holen, fiel erst mal die Kurbel von der Rolle ab und kurz danach war auch der Fisch von der Angel los, - wie sich heraus stellte war dir Schnur weit oberhalb von Vorfach und Köder gerissen. Aber es gab ja noch die zweite Angel, ohne Route, an der jetzt auch immer wieder große Barrakudas zerrten. Ich konnte die prächtigen Fische dicht unter der Oberfläche deutlich sehen und genau beobachten, wie sie den Köder immer wieder schnappten, teilweise sogar mit ihm zwischen den Zähnen aus dem Wasser sprangen. Allerdings verhakte sich keiner der Fische, sondern sie kamen immer wieder los. Nach einer Weile beschloss ich dann, der Sache auf den Grund zu gehen und holte den Köder zur Inspektion ein. Es stellte sich heraus, dass die Fische offenbar tatsächlich den (außerordentlich kräftigen) Haken abgebrochen hatten! Danach hatten Sie dann immer nur noch auf das Blei und Plastik gebissen, - kein Wunder also, dass keiner mehr fest hing. So war ich denn wieder einmal um einige Angel-Utensilien ärmer und um keinen Fisch reicher.

Die Fahrt nach Fogo zog sich wegen leichter Winde länger hin und so kam ich erst am nächsten Morgen, dem 5. 1. dort an.- Damit war's mit der Ruhe auf See wieder vorbei. - Ich hatte ja abends auf See noch eine wunderbare Fischpfanne mit Bratkartoffeln und Auberginen gekocht und dann die halbe Nacht abgewartet, damit ich bei Tageslicht einlaufen konnte. Der Hafen auf Fogo ist eigentlich eine Katastrophe, aber es war wieder mal eine Gelegenheit für mich, den Umgang mit Menschen zu lernen, die "einfach anders ticken als wir Europäer" - Wenn Lukas & Co schon manchmal etwas lästig waren, dann ist der Ansturm von Helfern auf Fogo um Längen stärker als in Praia. Allerdings sind die erbrachten Dienstleistungen zumindest für einen Einhandsegler in diesem Hafen wirklich Gold wert. Es ist schon bewundernswert, wie fit diese Leute sind. - Ich hatte ja immer gedacht, man kommt ohne Leiter oder Ankertrosse nicht an Bord einer Yacht von Milans Größe. - Alles Quatsch! Für einen Fogoischen Festmacher ist das zumindest am Heck gar kein Problem. - Die Leute kommen einem zügig entgegen geschwommen, übernehmen die Heckleine, schwimmen dann ebenso zügig wieder zur aufgeschütteten Mole und springen dort barfuss bei nicht unerheblichem Schwell behände mit der Leine in der Hand über die Steine nach oben. Eine der beiden Heckleinen war dann nach einer Weile ob des wirklich beängstigenden Schwells wieder vom Felsen abgesprungern. Daraufhin habe ich die Übung mit dem Ausbringen der Leine nochmal selbst durchexerziert und habe beim Hochklettern sicher ausgesehen, wie ein alter Opa am Krückstock. Ich war froh, ohne Blessuren aus dem bewegten Wasser im steinigen Uferbereich zu kommen, - wie diese Leute es schaffen derart flink und sicher auf diesen Felsen zu balancieren ist mir ein Rätsel.

Am Nachmittag wurde die Brandung dann noch stärker, sodaß ich mich entschloss doch nochmal in tieferes Wasser zu verholen. -Mittlerweile hatte auch schon ein größere Fischkutter in dem Bereich ankern müssen, weil seine Heckleine an der Pier mit lautem Knall gerissen war.

Dazu musste ich als Einhandsegler die Heckleinen erst mal an einer Boje befestigen, nach hinten weg schmeißen und zügig über die Anker hinaus von der Brandungszone weg dampfen (wenn ich's anders versucht hätte, wäre Milan vermutlich gestrandet, - so eng war das mittlerweile geworden). Aber ehe ich mich versah, war dann auch gleich ein Helfer an Bord gekraxelt (natürlich wieder ohne Leiter), der mir mit meinen beiden Ankern half (ich hatte mittlerweile die beiden gleich schweren draußen) und von Land her wurden die los geworfenen Heckleinen zum neuen Ankerplatz gebracht. - Dafür war ich dann auch gerne bereit, 500 Escudos zu zahlen, denn das ganze wäre alleine doch noch wesentlich heftiger gewesen. ..

Der Organisator der Hafengang heißt hier Toni und wollte mich unbedingt auf den Vulkan mit schleifen (natürlich gegen Bares). Eigentlich war ich noch gar nicht richtig angekommen und hatte den ganzen Tag Sorge um's Schiff, sodass ich gar nicht an Land wollte.

Das Dinghi mochte ich irgendwie hier auch nicht mit wirklich gutem Gefühl auf der Slipbahn für die Fischer stehen lassen, denn es gibt hier offenbar schon ein paar Gestalten, denen nicht zu trauen ist. - Als ich zum Einklarieren ging wurde ich gleich von einem Typen begleitet, über den der Polizist dann zu sagen wusste, dass ich mit diesem nur die nötigsten Worte wechseln sollte und mich ansonsten von ihm fern halten soll, da er des öfteren bei sich bietenden Gelegenheiten klauen würde.

Über Nacht lag ich viel sicherer am neuen Platz weiter weg von der Böschung auf 5,5 m Wassertiefe, wo die Bewegungen nicht mehr vor und zurück sondern nur noch sanft auf und ab waren.

Ich sollte allerdings nicht lange Freude an diesem Platz haben, denn der nächste Tag begann um 7:30 gleich wieder mit etwas Hektik. - Die große Fähre Sal Rei war eingelaufen und ich lag beim Drehmanöver etwas im Wege!

Die Nacht hatte ich ja mit einem richtig sicheren Gefühl am neuen Platz weiter weg von der Böschung. Nun mußte ich mehr Ankerleine stecken und das Schiff mit der Heckleine weiter zur Böschung verholen, wo nur noch 4 m Wt sind. Hier begann das Schiff auch prompt wieder mit dem vor- und zurück-Tanzen bei ächzenden Leinen. - Also wurde doch nichts aus der Vulkanbesteigung, die ich ansonsten bereits wieder ernsthaft ins Auge gefasst hatte. Nun hatte ich die Nase vom Hafen auf Fogo voll, und wollte sobald möglich auslaufen! Vorläufig wurde das aber verhindert durch eine Trosse, welche von der Fähre vor meinem Vorstag quer über den Hafen gespannt war. - Ich musste warten, bis auch die Fähre am Nachmittag wieder ausläuft...

Im Hafenplan steht zu diesem Hafen auch als kleine Fussnote "Often untenable due to ground swell". - Das kann ich jetzt nur bestätigen!

.. Einige Stunden später, kurz vor 14 Uhr war die Laderampe der Fähre halb hochgefahren und ich war guter Dinge, weil ich dachte, dass nun das Sperrseil bald eingeholt wird. Aber dann kamen doch immer noch neue Koffer, Kisten, Pakete, die mühsam über den Spalt von ca. 1,5m auf die Rampe gehievt werden. Eine halbe Stunde später war die Rampe dann doch wieder unten und eilig wurde nun jede Menge weiterer Ladung an Bord gezerrt, - inklusive einiger äußerst unwilliger Ziegen. Schließlich fuhr noch ein weiterer überlanger Tieflader voll beladen mit Säcken und Paketen an Bord. Diese Tieflader sind beim Überqueren der Rampe absolut am Limit: Während das Vorderteil noch an Land steht, wird der ganze Schleppzug von der sich im Schwell hebenden Fähre teilweise soweit abgeknickt, dass das Vorderteil aufsitzt oder Räder paare in der Luft hängen. Beim abwärts fahren rutscht das ganze Gefährt einmal mit fest angezogener Bremse ein paar meter weiter, bis schließlich auch der Zugwagen komplett auf der Rampe ist.

Endlich, so gegen 16 Uhr wird die Trosse eingeholt und die Fähre läuft aus. Gleich danach hole auch ich meine beiden Anker und Landleinen ein und bin ca. 2h später fest im Naturhafen Porto da Furna auf der Insel Brava.

Auf Brava ist der Hafen viel besser als auf Fogo und so konnte ich auf dieser Insel ausgiebige Wandertouren und Ausflüge in den malerischen Hauptort der Insel, „Vila Nova Sintra“ genießen. Einziger Nachteil: beim Einklarieren muss man bereits im Voraus das Abreisedatum angeben, was naturgemäß immer etwas schwierig ist, wenn man noch nicht weiß wie es einem gefallen wird. Ich hatte mich dann auf den folgenden Samstag festgelegt, was im Nachhinein eigentlich etwas zu kurz war. Das Anlanden mit dem Dinghi an einer Stenmole mit glitschiger Treppe war zwar auch hier wieder nicht ganz so einfach, aber Dank tatkräftiger Hilfe von „Jean“, dem hiesigen „Yachtsmen-Boy“, der mir immer half, das Dinghi gleich auf die Mole zu ziehen, war es eigentlich kein Problem. Ich lernte Francesco, einen Fischer kennen, der mit mir einen ganzen Tag lang durch die Gegend streifte und dem ich anschließend dann das Schiff zeigte. - Er hatte dieser Tage viel Zeit, weil er wegen zu hohen Seegangs nicht auslaufen konnte.

Die Rückfahrt nach Praia war ziemlich unangenehm, da Wind und grober Seegang von vorne kamen und ich war froh, als ich den Anker endlich in der ruhigen Bucht von Praia fallen lassen konnte. Die folgenden 2 Tage vergingen dann mit Wartungsarbeiten und Einkäufen zum Ergänzen der Proviantvorräte. Außerdem war wieder einmal die Immunglobulin Infusion fällig, die ich auf Grund meiner chronischen Nervenerkrankung MMN ca. alle 4 Wochen bekommen muss, damit die Krankheit wenigstens etwas eingedämmt wird. Dazu musste ich mich im Hospital von Praia erst mal auf portugiesisch verständlich machen was aber überraschend gut klappte. Das Ganze ging wider Erwarten äußerst unproblematisch von Statten: Bei der Anmeldung musste ich einen Pauschal Betrag von umgerechnet 15€ zahlen, danach gab's ein kurzes Gespräch mit der diensthabenden Ärztin und anschließend wurde mir dann von einem Pfleger ausgesprochen professionell eine der mitgebrachten Braunülen. in eine Vene appliziert. Wie üblich waren 4 Flaschen a 200ml zu verabreichen und den Wechsel des Infusions Systems von einer zur nächsten Flasche durfte ich selbst übernehmen. Während der Wartezeit konnte ich die Sprechstunde der Ärztin akustisch mit verfolgen. Beeindruckend war schon, wie schnell die einzelnen Fälle abgearbeitet wurden: Manchmal dauerte es vom Eintreten eines Patienten bis zum Aufruf des nächsten („Proximo“ - der Nächste) keine Minute! Irgendwann erklang auf dem Gang lautes Klage-Geschrei, - Krankenhausbesuche sind eben immer irgendwie deprimierend und hier werden Gefühle eben im Gegensatz zu Europa laut heraus geschrien.

14.1.2009 – 20.1.2009 Überfahrt zur westafrikanischen Küste

Die Windrichtung war mit ENE zwar ungünstig, aber ich wollte einfach los und es war auch für die ganze Woche keine wesentliche Änderung in Sicht. Beim Auslaufen wollte ich eigentlich noch schnell Diesel übernehmen. Das hatte aus der Ferne ganz einfach ausgesehen, - einfach längsseits an den Ponton gehen, Schlauch holen und auffüllen. - Als ich mich dann dem Ponton näherte, setzte sich aber gleich einer der Hafen Boys wie ein Irrer in Bewegung und kam durch ein Loch im Zaun angerannt, um meine Leinen (und mein Geld;-)) anzunehmen. Als ich dann festgemacht hatte, verunsicherte er mich erst Mal mit der Aussage, dass der Diesel unten am Ponton nicht gut sei und er für mich Diesel im Kanister von der Zapfsäule für die Autos holen wollte. Vom Personal der Tankstelle (sehr seltsame und unfreundliche Leute) war leider keine Auskunft zu erhalten, ob der Diesel unten am Ponton anders sei, als der oben an den Auto-Zapfsäulen. Inzwischen hatte auch Lukas, „mein Dinghi Boy“ während der Praia Aufenthalte mich am Ponton erspäht, und war herbei geeilt, um mit anderen Boy handgreiflich klar zu machen, dass ich „sein“ Kunde wäre. Nachdem vom Tankstellen Personal immer noch nichts vernünftiges zu erfahren war und der Kanister irgendwie auch nicht gefüllt werden sollte, war ich des ganzen Theaters überdrüssig. Ich entriss Lukas den Kanister und legte unverrichteter Dinge wieder ab. - Wind war ja genug, also würde ich mit dem aktuellen Diesel Bestand sicher auch nach Gambia kommen.

Der Wind und vor allem auch der Seegang waren denn auch nach Verlassen der Abdeckung wirklich kräftig und demzufolge wurde es an Bord in den kommenden Tagen recht ungemütlich. Manchmal kamen die Brecher mit grünem Wasser über das Vordeck und ich hatte zeitweise die Nase vom Hochsee-Segeln ziemlich voll. Einen Tag lang hatte ich statt der Rollgenua sogar mal wieder die kleine Kreuzfock gesetzt. - Ich wollte Rollanlage und Genua bei ENE 6-7 lieber schonen. Insgesamt kam ich sehr langsam voran und eine ganze Zeit lang hing die Überlegung im Raum, statt am Schluss Richtung Banjul aufzukreuzen, lieber direkt in den Casamance River, weiter südlich zu laufen (getreu dem Motto: „Segeln ist die teuerste Art, nass und krank zu werden und dabei irgendwo hin zu treiben, wo man gar nicht hin will“ ☺).

Guinea Bissau hatte ich im Geiste schon gestrichen, - auch weil ich einen ziemlich negativen Bericht über die Behörden dort gelesen hatte. Näher zur Küste hin drehte der Wind dann aber tatsächlich wie vorhergesagt etwas zu meinen Gunsten und es waren nur wenige Kreuzschläge erforderlich, um zur Einfahrt des Gambia River zu gelangen. Bereits weit draußen auf See waren die ersten afrikanischen Fischer Pirogen anzutreffen. Eine hätte ich weit draussen aus purer Unachtsamkeit beinahe gerammt! - Ich hatte so weit draußen noch nicht wirklich mit ihnen gerechnet aber plötzlich tauchte aus dem toten Winkel hinter der Genua ca. 15m an Steuerbord eine ankernde Piroge auf! Ich habe mich vielleicht erschrocken und konnte gerade noch vermeiden, über ihr Ankerseil zu kratzen. Daraufhin war ich natürlich aufmerksamer und beschloss, die nächste Nacht noch vor der Küste gestoppt abzuwarten, bevor ich in den Gambia River einlief.

Am Abend kam eine der Pirogen noch „zu Besuch“ und einer der Fischer fragte nach Zigaretten. Da ich die nicht hatte, wechselte schließlich ein Beutel Reis den Besitzer. Ich war schon ein wenig erleichtert, daß die Fischer sich damit zufrieden wieder abwendeten, denn ein bisschen unheimlich war mir als Alleinsegler die Begegnung auf hoher See mit den 3 kräftigen Fischern in einem viel schnelleren Boot schon gewesen. Das Einlaufen in die Flussmündung zog sich dann auf Grund von Gegenwind auch nochmal bis zum späten Nachmittag hin und so kam es, daß ich den Anker erst nach 6 Tagen Segelzeit (für nur 450sm!) vor Banjul / Half Die fallen lassen konnte.

20.1.2009 – 31.3.2009 The Gambia, what a wonderfull country!

Nachdem die Überfahrt von den Kapverden ja eher zum Abgewöhnen war, ist es hier am Oyster Creek zwischen dichten Mangrovenwäldern wieder traumhaft schön.

Am Tag nach der Ankunft war ich erst mal gute 3h mit dem Einklarieren beschäftigt. Gelandet bin ich mitten im Container Terminal wo wirklich abenteuerliche LKWs mit Containern beladen wurden, dass die Achsen nur so krachten und knackten. Was da an Fahrzeugen unterwegs ist, würde bei uns in Deutschland wahrscheinlich keine 5km weit kommen, ohne von der Polizei augenblicklich stillgelegt zu werden - so offensichtlich sind bei manchen Vehikeln die technischen Mängel. - Aber irgendwie funktioniert es wohl auch so (die Unfallstatistik wäre allerdings schon mal interessant).

Zunächst stand ein Besuch im Immigration Office an, wo in einem Büro mit 3 regulären Arbeitsplätzen 7-8 BeamtInnen aßen, plauderten und arbeiteten. Ich wurde von einer sehr freundlichen Afrikanerin abgefertigt, wobei ich immer wieder zur Seite rücken musste, wenn jemand Neues ins Büro kam. Nach Zahlung von 350Dalasi (ca. 10 Euro) ging es dann zum Zoll. Dort saß eine ganz (ge)wichtige Dame mit 3 goldenen Streifen auf den Schultern, die mich missbilligend musterte und dann nach meinem Pass und meiner Ankunftszeit fragte. Nachdem ich vermeldet hatte, dass ich gestern Abend angekommen und heute bereits beim Immigration Office gewesen wäre, wurde ich erst mal angegiftet: "Why didn't you come first to the customs office?" Ich antwortete ganz kleinlaut (das hilft in solchen Fällen oft ganz gut), dass ich das nicht gewusst hatte. Im Übrigen hatte man mir auch im Immigration Office gesagt, dass die Reihenfolge, in der die Ämter besucht werden ganz egal ist. Letzteres stimmte allerdings tatsächlich nicht ganz, denn beim Hafenamt wird man erst abgefertigt, wenn man vorher beim Immigration Office und beim Zoll gewesen ist. Wie dem auch sei, die Dame beim Zoll wollte dann noch meinen Beruf wissen, und ob ich mich zur Ruhe gesetzt hätte. Segeln als Hobby stieß bei ihr auf sichtliches Unverständnis, - wie kann man nur so zum Spaß zur Seefahren. Trotzdem verwies sie mich schließlich an einen untergeordneten Beamten zum Ausfüllen des Zoll-Formulars. Der Beamte wollte dann eigentlich auch noch mit an Bord schauen.Da ich darauf gar keine Lust hatte, habe ich den Aufwand für das Übersetzen zum Ankerplatz etwas übertrieben, indem ich behauptete, dass es meinem Ruderboot ca. 20min dauern würde (naja, vielleicht wären es in Wirklichkeit auch nur 10 gewesen ;-) . - Ob sie denn nicht ein motorisiertes Zollboot hätten, um zum Ankerplatz zu kommen. Da sie ein solches (wie erhofft) nicht hatten, verzichtete der Beamte auf den Besuch und erklärte, dass ich beim Zoll nun fertig wäre.

Nächste Station der Ämter-Odyssee war die "Gambian Port Authority" um eine Erlaubnis zum Befahren des Gambia Rivers zu erhalten. Dort angekommen wurde ich nach einem Freigabe Dokument vom Zoll gefragt, dass man mir dort allerdings vorenthalten hatte. Also zusammen mit dem Beamten vom Hafenamt nochmal zum Zoll, wo ich dann dasselbe Zollformular nochmal ausfüllen musste (einen Kopierer gibt's dort nicht), um dieses dann mit 2 Stempeln ausgehändigt zu bekommen. Damit war nach Zahlung von weiteren 800 Dalasi (22€, -Wechselgeld zum Herausgeben auf die eigentlich zu kassierenden 734 Dalasi gab es angeblich nicht...) der Weg frei für das Befahren des Gambia River. Im Vergleich zu Diensten/Waren des täglichen Bedarfs sind diese Verwaltungsgebühren übrigens horrend teuer: Eine Busfahrt von etwa 7km kostet z. B. 5 Dalasi (15cent), ein großes Brot 8 Dalasi (24cent).

Nachmittags bin ich dann ankerauf gegangen und mit auflaufender Tide hierher zum Oyster Creek motort. Die Einfahrt in den Creek ist etwas tricky und ich saß dann auch prompt im weichen Schlamm fest, aus dem ich mich rückwärts wieder raus wühlen musste. - Im Handbuch steht ja auch: "Take your time for this entrance, groundings are quite common". Dem deutschen Seglerpaar, das ich schon von den Kapverden kenne, und das ich hier wieder getroffen habe war es auch nicht anders ergangen. Ich hatte anschließend das Glück, dass ein Einheimischer, der gerade mit Ausflugsgästen unterwegs war, mir bedeutete, seiner Piroge einfach zu folgen.

Am gleichen Abend flatterte ein Vogel von außen mehrfach gegen mein Moskitonetz am Niedergang und setzte sich dann kurz auf's Schiebeluk! Von der Größe und Form her war es eine Taube, aber genau konnte ich es nicht erkennen, da es schon dunkel war. Weiß der Teufel, was der Vogel sich dabei gedacht hat.

Ebenso an diesem Abend muss wohl, - wie sich Tage später endgültig herausstellen sollte -, ein englischer Segler, dessen Schiff gleich neben mir lag auf dem Weg zu seinem Schiff aus dem Dinghi gefallen und ertrunken sein. Sein Dinghi wurde am folgenden Morgen von dem deutschen Seglerpaar auf der Bellatrix aus den Mangroven geborgen, vom Eigner fehlte jede Spur, das Schiff war noch abgeschlossen.

Tage später wurde dann tatsächlich die Leiche des Seglers gefunden. - Er hatte an dem Abend offenbar zu viel Brandy getrunken und war dann wohl aus dem Dinghi gefallen und ertrunken.

Bei einem sonntäglichen Ausflug ins Landesinnere, habe ich dann in Brikama Yusupha kennen gelernt, der mich gleich einlud, doch mit nach Bussola zu kommen, wo er seine Familie besuchen wollte. Zuweilen sind solche Angebote ja mit etwas Skepsis zu betrachten, denn ich habe in den Touristen-Regionen wie Bakau auch schon die Erfahrung gemacht, dass es dabei oft darum geht, im Verlauf des Besuchs Spenden für irgendwelche Projekte zu bekommen. Meist läuft das so ab, dass einem alles Mögliche gezeigt wird und man sich anschließend mit Name und (das Wichtigste!) mit einem (möglichst hohen ;-)) Spendenbetrag in ein Gästebuch eintragen soll. Meist fühlt man dann durch die freundliche Behandlung irgendwie genötigt, etwas zu geben.

Trotz des Wissens um diese Strategie habe ich mich einfach mal auf die Einladung eingelassen und landete zunächst in einem Minibus, der brechend voll geladen wurde und sich schließlich mit kreischendem Getriebe in Bewegung setzte. - Natürlich musste ich das Fahrgeld für uns beide bezahlen. -Insofern war die Einladung auch hier wieder nicht ganz ohne Eigennutz erfolgt ;-).

Aber es hat sich wirklich gelohnt, denn schon die Busfahrt über eine Sandpiste war eine echt gambische Erfahrung. - "This is a gambian experience" ist ein Ausspruch, der hier öfter mit einem Augenzwinkern fällt, wenn es irgendwo eng zugeht, oder wenn etwas nicht wie geplant klappt. - Der Bus hatte wie erwähnt schon bei Abfahrt in Brikama eine etwas merkwürdige Technik zum Anfahren: Da wurde ohne Kupplung einfach bei knirschenden Zahnrädern der Gang eingelegt. Spätestens nach dem zweiten Start aus dem Stand, war mir dann klar, das der Bus wohl gar keine funktionierende Kupplung hatte (in Deutschland wäre er in diesem Zustand, vollbesetzt sicher gar nicht erst losgefahren...). Das Ganze klappte auch trotzdem gut (wenn auch lautstark und auf Kosten der Lebensdauer des Getriebes), solange wir auf Asphalt anfahren konnten. Auf der Sandpiste war aber natürlich der Rollwiderstand viel größer und da reichte der "Kupplungseffekt" der kreischenden Zahnräder dann nicht mehr aus. Nach mehreren vergeblichen Versuchen (auch mit Anlasser bei eingelegtem Gang) mussten dann schliesslich 3 Leute den Bus anschieben, sodass der Gang bei etwas Fahrt eingelegt werden konnte. Die "Schieber" mussten sodann auf den langsam fahrenden Bus aufspringen. Das war fortan nach jedem Halt auf dem Lande die gewöhnliche Prozedur zum Anfahren. Das Ganze wurde von allen im Bus recht heiter und gelassen hingenommen. - "Its a gambian experience ;-)". - Der Fahrer musste sich allerdings einiges an Spott anhören. - Ich selbst durfte nicht aussteigen um mit zu schieben, sondern wurde von meinem Gastgeber immer wieder zurück gehalten, wenn ich Anstalten machte, mit zu helfen.

Bussola ist ein richtig niedliches Dorf, in dem jeder jeden kennt Auf dem Weg zum Elternhaus meines neuen Freundes mussten wir dann auch erst mal in jedem Haus am Weg einkehren und Hallo sagen. Die Mutter war auch sehr gastfreundlich und stellte mir ganz eifrig eine einfache Sitzgelegenheit auf der kleinen Terasse zur Verfügung. Sie selbst sprach leider kein Englisch, sondern nur Manjago. Dieser Stamm kommt ursprünglich aus Guinea Bissau. Es gibt hier überhaupt ein reichhaltiges Sammelsurium an Sprachen: Mandinka, Wolof, Manjago...

Im Garten war der Vater begraben, der vor zwei Jahren gestorben ist (ein weiterer Platz daneben, war wohl für die Mutter bereits freigehalten...).

Kleine Kinder haben hier vielfach Angst vor weisshäutigen Menschen („Tubabs“ auf Wolloff) und so reagierten die kleinen (<2Jahre) mit Weinen und Flucht auf mich, wogegen die größeren ganz im Gegenteil neugierig auf mich zu kamen. Zu essen gab es mittags ein leckeres Reisgericht mit Fisch, zu dem wir alle um eine große Schüssel herum saßen. Glücklicherweise gab es Löffel, sonst hätte ich vielleicht ein Problem gehabt, weil das Essen mit der Hand auf Grund meiner Nervenerkrankung ja nur mit der dafür eigentlich verbotenen linken gegangen wäre.

Die folgenden Tage vergingen mit regelmäßigen Besuchen bei meinem Freund und seiner Schwester in Westfield / Serekunda, wo ich zwar immer wieder ganz selbstverständlich um kleinere Geldspenden für irgendwelche Anschaffungen gebeten wurde, aber ebenso selbstverständlich wie ein Familienmitglied aufgenommen wurde, wenn es um's Mittagessen ging, oder mal wieder eine Dusche fällig war.

Yusuphas Schwester Fatou (kurz „Ef“) betreibt in Bakau eine kleine Bar für die Einheimischen (für Touristen ist die Einrichtung bei Weitem zu einfach), in der Sie jeden Abend Bier, Whisky und von ihr gekochtes „Cowfoot“ verkauft. Auch dort war ich in den kommenden Tagen öfters zu Gast, - musste dort aber natürlich ganz normal zahlen (;-), allerdings sind die Preise für unsere Begriffe auch spottbillig, - ein Bier kostet 20 Dalasi, umgerechnet ca. 60ct! - Ich habe mal versucht ihr klar zu machen, dass sie das Geschäft mit diesem Preis (ihr Profit pro Flasche beträgt dabei gerade mal 2 Dalasi, - 6ct) auf Dauer nicht führen kann, insbesondere weil viele ihrer Kunden tagelang auf Kredit trinken. Sie will dies als Einführungspreis nur begrenzte Zeit machen, um Kunden zu gewinnen. - Fragt sich nur, ob ihre Kunden die meist selbst nur sehr wenig Geld haben die Preiserhöhung dann mitmachen werden.

Nach den soweit überwiegend guten Erfahrungen mit den Einheimischen war ich dann neugierig geworden und hatte soviel Vertrauen gefasst, dass ich Yusupha, Fatou und einen weiteren „Boy“ vom Oyster Creek – Falou – einlud, mich doch auf einer zweiwöchigen Tour mit Milan auf dem Gambia River zu begleiten. Die 3 waren auch gleich Feuer und Flamme für die Idee und so hieß es dann am Freitag, den 30.Januar mit voller Besetzung ankerauf. Das Dinghi war beim Übersetzen mit 4 Personen ziemlich am Limit, aber es ging trotzdem gut.

Yusupha hatte ja schon vor einigen Jahren harte See Erfahrung auf einer mit 35 Leuten voll besetzten Piroge auf dem Weg von Marokko nach Fuerteventura gemacht. Im Vergleich zu dem „Horrortrip“ von damals sollte die Tour mit Milan im Binnenland natürlich regelrechter Luxus werden. Das Übersetzen zu den Kanaren hatte damals dann wohl mehr oder weniger durch pures Glück keine Toten gefordert.: Der Bootsführer hatte auf Grund fehlerhaften Kurses Fuerteventura verfehlt und so trieben die Leute dann ohne Treibstoff und zum Schluss ohne Wasser (Yusupha hatte schon begonnen Salzwasser zu trinken) 4 Tage lang auf dem Atlantik. - Ursprünglich geplant war nur 1 Tag für die Überfahrt. Glücklicherweise wurde das Boot dann wohl von der spanischen Marine mit Hubschraubern entdeckt und so konnten alle Insassen mehr oder weniger wohl behalten von einem Marine Schiff geborgen werden. Yusupha hat danach auch tatsächlich einige Jahre als Landarbeiter in Spanien gelebt, bis er krank wurde und dann wohl nach Gambia abgeschoben wurde. Yusupha ist Muslim und hat auch tatsächlich selbst unter den beengten Verhältnissen an Bord nahezu jeden Tag ganz vorschriftsmäßig 5 Mal gebetet.

Fatou kommt wie ihre Mutter ursprünglich aus Guinea Bissau, war bis dahin noch nie auf einem Boot gewesen und kann auch nicht schwimmen. Dementsprechend ängstlich war sie natürlich zunächst insbesondere im Dinghi.

Falou brachte einiges an Ortskenntnis im Revier des Gambia River mit und hatte durch seine Arbeit im Oyster Creek Camp schon ein klein wenig Erfahrung mit Booten (obwohl ich mir da von seinen Erzählungen etwas mehr versprochen hatte). Falou ist zwar auch Muslim, sieht das aber nicht so eng: Er hat auf der Reise kein einziges Mal gebetet, mir dafür aber beim Leeren der 5l Flasche Wein aus Portugal geholfen ;-)

Am ersten Tag ging's erst mal nur ca. 15sm up River bis James Island. Bei der Ausfahrt aus dem Chitabong Bolon saß ich wieder kurze Zeit im Schlamm – diesmal auf der anderen Seite der Rinne. Bei James Island umschwärmte uns ganz gemächlich eine Schule Delphine. Diese waren im Vergleich zu ihren Artgenossen auf See sehr langsam unterwegs. Beim Übersetzen vom Ankerplatz zum alten Fort auf James Island machte ich dann den Fehler, Yusupha das Rudern mit dem Dinghi üben zu lassen. Wir hatten das schon zuvor ein paar Mal auf dem Oyster Creek praktiziert. Hier aber hatte ich den Gezeitenstrom doch unterschätzt und da Yusupha das Einhalten einer eingeschlagenen Richtung noch nicht ausreichend beherrschte liefen wir Gefahr, mit dem Dinghi an der Insel vorbei zu treiben. Ich hatte mich dann auch noch nach vorne gesetzt, sodaß ich selbst ohne Platztausch nicht direkt eingreifen konnte. Aber schließlich bekamen wir doch noch ein Stückchen mit Austern besetzten Stein-Strand zu fassen und konnten uns den ehemaligen Sklaven Handelsplatz anschauen. Zurück zum Schiff ging's dann vor dem Wind mit dem Segel leichter, obwohl wir auch damit nicht viel mehr Fahrt machten als der gegenan setzende Ebbstrom. Zum Abendessen hatte Ef ein vorzügliches afrikanisches Gericht mit Reis und Rindfleisch zubereitet, dessen Namen ich leider schon wieder vergessen habe.

Am nächsten Tag gingen wir nach dem Frühstück gegen 9:30 Uhr ankerauf und dann ging es mangels passendem Wind den ganzen Tag lang unter Maschine weiter stromaufwärts bis wir abends mit dem letzten Tageslicht den stark frequentierten Fährhafen Yellitenda erreichten. Meine Crew machte sich soweit ganz gut, - das normalerweise anstrengende Hieven des Ankers wurde komplett von Yusupha und Falou übernommen. Beide waren immer äußerst eifrig bemüht, mir jeden erdenklichen Handgriff abzunehmen. - Manchmal war es etwas lästig, weil ich kaum eine Leine in die Hand nehmen konnte, ohne dass sie mir gleich aus der Hand gerissen wurde. Meistens wussten sie dann aber zunächst gar nicht so recht, was mit der Leine eigentlich anzufangen ist und dann war das Ganze eher hinderlich. - Während ich sie eher als Gäste sah, verstanden sie sich selbst wohl mehr als Bedienstete, die mir möglichst viel Arbeit abnehmen müssen.

Die Fährverbindung zwischen Farrafenni und Soma auf der Südseite schließt die wichtige Nord-Süd Verbindung in Senegal, die sogenannte „Trans-Gambia Road“. Falou hatte früher eine Zeit lang auf der Fähre gearbeitet und kannte neben dem Fährpersonal hier auch so ziemlich jeden, den er auf der Straße traf. Dementsprechend war unser Landausflug am folgenden Morgen nach Soma von etlichen Pausen unterbrochen, in denen Falou alte Freunde begrüßte. Die Fähre durften wir kostenlos und dazu noch mit Sitzplatz auf der Brücke benutzen. Ef wollte uns am Montag schon wieder verlassen wollte, weil sie ihren zweijährigen Sohn Jim nicht so lange alleine lassen wollte. Deshalb hatten wir beschlossen, den Sonntag in Soma zu bleiben, da die Verkehrsverbindungen zurück nach Serekunda weiter flussaufwärts wesentlich schlechter sein würden.

Ein echtes Highlight waren Ef's Kochkünste. Am Nachmittag vor ihrer Abreise hat sie dann sogar noch einen 3 Tages-Vorrat an verschiedenen Gerichten vorgekocht. Es ist zwar eine ziemliche Sauerei in der Pantry gewesen, weil die Töpfe randvoll waren und die Soßen dann lange spritzend vor sich hin köcheln mussten. Dafür schmeckte es aber ganz vorzüglich und auch das Fleisch ist mir, - vermutlich durch die lange Kochzeit und die scharfen Gewürze - gut bekommen, obwohl es wie hier üblich auf dem Markt ungekühlt und umschwärmt von mehr oder weniger Fliegen gelagert worden war.

Am Montag haben wir dann Ef nach Soma zum Bus gebracht und dabei wäre ich beinahe noch stolzer Bessitzer eines lebenden Huhns geworden: Als wir Ef im Bus sitzend verabschiedeten, reichte mir die neben ihr sitzende ältere Frau ein Huhn mit zusammen gebundenen Beinen aus dem Fenster. Ich war mir erst nicht sicher, ob das nur ein Scherz war, aber Yusupha hat mir dann erklärt, das es tatsächlich als Geschenk an einen Gast im Land gemeint war. Das ist hier auf dem Lande wohl durchaus üblich. Ich habe das Huhn aber dennoch nicht angenommen, da ich keine Ahnung gehabt hätte, wie man so ein Huhn inklusive Schlachten und Rupfen verarbeitet und unser „Chief Cook“ saß ja im Bus. Auf der Rückreise hatte der Minibus von Ef dann noch einen Unfall: Verursacht durch eine Reifenpanne in einem Schlagloch fiel der ganze Bus um. Glücklicherweise ist niemandem etwas passiert. Allerdings war das Geld, das ich ihr für die Rückreise mitgegeben hatte nach dem einsammeln des verstreuten Tascheninhalts verschwunden, sodaß sie sich für die Weiterreise etwas von einem anderen Mitreisenden geben lassen musste.

Es ist für einen Europäer überhaupt recht erstaunlich, wie vertraut der Umgang mit an sich völlig fremden Menschen ist. Wir waren z. B. in Soma zu Besuch bei Freunden von Falou (meinem "Lotsen"), wo Yusupha und Ef unmittelbar nach der Ankunft ein "Bad" (Eimerdusche) im Haus nahmen, obwohl beide die Leute dort nie zuvor gesehen hatten. Ef hat dann im Hof beim Stampfen von Hirse geholfen, als ob sie zu Familie gehören würde.

Mit verkleinerter Mannschaft ging es dann am Nachmittag mit der Tide weiter bis zur Elephant Island. Ich hatte erst noch versucht, in einem idyllischen, sehr schmalen Creek zu ankern. Die Breite reichte gerade mal zum Wenden und ich hatte mir gedacht, wir könnten ja in der Mitte mit Buganker und achtern Leinen zu den Mangroven ankern. Also hatte ich gegen die Strömung gedreht und an der richtigen Stelle nach vorne zu Falou gerufen „drop anchor“. Allerdings passierte erst Mal nichts, weil Falou den Anker irgendwie nicht aus der Halterung bekam. Ich machte dann den Fehler, nach vorne zu gehen, um mit zu helfen, mit dem Ergebnis, dass das Schiff in der Zwischenzeit nach Stb. drehte und der Anker 3m zu weit rechts fiel. Da wir nun mit dem Radarmast schon zwischen den Mangrovenzweigen lagen, blieb mir nichts Anderes übrig als den Anker wieder aufholen zu lassen und beim Auslaufen mit dem Radarmast ein paar Mangrovenzweige abzubrechen. Da es schon dunkel wurde verzichtete ich auf einen zweiten Anlauf und wir ankerten vor dem Creek im Fluss. - Im Nachhinein war es wahrscheinlich ohnehin besser so, denn selbst hier gab es noch mehr als genug Mücken!

Am nächsten Morgen, wurde es mit dem geplanten frühen Aufbruch erst Mal nichts, da die Maschine nicht starten wollte. Die Kraftstoffpumpe schien nicht zu fördern, - offenbar hatte sie sich etwas gelockert und nachdem sie einmal aus – und wieder eingebaut war, schien erst Mal wieder alles in Ordnung, obwohl ich bis auf den etwas gelockerten Bolzen nicht wirklich einen Fehler gefunden hatte.

Nächste Station war dann Sea Horse Island und am nächsten Tag Kuntaur. Kuntaur hat eine bemerkenswert große Anzahl von Kindern, die einen bei der Ankunft sofort in froher Erwartung von Geschenken umschwärmen. Ich hatte für solche Fälle ja auch tatsächlich Einiges aus Deutschland mitgebracht und nachdem wir im Dorf unter Mithilfe einiger der Kinder unsere Wasserkanister gefüllt hatten, wollte ich einige Hefte und Stifte verteilen. Als ich dann anfing, die ersten Hefte aus dem Rucksack zu verteilen, zog sich der Kinderring schlagartig enger und etliche Arme griffen gierig nach dem Rucksack. Nach anfänglichen Versuchen, die Verteilung in geordnete Bahnen zu lenken, gab ich schließlich auf und war anschließend froh, den entleerten Geschenke-Rucksack in einem Stück wieder in Händen zu halten. Auch nachdem wir wieder an Bord waren, schallten immer noch die Rufe "Tubab (-weisser Mann), any book, any pen?" über's Wasser.

Tags darauf, am Donnerstag, den 5. Februar ging's dann durch einen der schönsten Abschnitte des Flusses weiter bis Georgetown. Teilweise konnten wir hierbei sogar segeln. Bei der Fahrt durch den Gambias River National Park, entlang von Baboon Island konnten wir Krokodile und Flusspferde beobachten, letztere allerdings leider nur aus größerer Entfernung und nur mit dem Kopf über Wasser. Für eine einzelne Durchfahrt durch das Gebiet sind 150 Dalasi fällig. - Da man ja für das Permit in Banjul über 700 Dalasi bezahlt, ist die Flusstour also eigentlich recht teuer. Hinter Baboon Island schlief der Wind dann ganz ein und ich wollte die Maschine starten, was aber leider fehl schlug. - Wieder kein Kraftstoff, wie schon ein paar Tage zuvor. Offenbar zog das Kraftstoff-System nun irgendwo Luft, aber ich konnte die Stelle irgendwie nicht finden. Wir hatten uns unter Segeln noch bis zu einer Fähre gekämpft und da ich selbst nicht mehr recht weiter wusste, fragten wir am Fähranleger, ob ein Mechaniker sich die Sache mal anschauen könnte. Daraufhin kam gleich die 3 köpfige Crew der Fähre mit an Bord und es wurde erst Mal eine Menge Kraftstoff in die Bilge gepumpt. Dann hieß es der Tank sei wohl leer, was ich aber kategorisch von mir wies. Schließlich fand der Mechaniker aber tatsächlich eine lose Verschraubung am Eingang zur Kraftstoffpumpe und nachdem diese festgezogen war, lief die Maschine wieder! Unsere Helfer verabschiedeten sich fröhlich und ich drückte ihnen noch 300 Dalasi für ihre Hilfe in die Hand.

Von Georgetown aus ging es dann wieder zurück Richtung Banjul. Erste Station war eine Stelle, an der lediglich eine einzelne Großfamilie ihr Domizil hatte. Die Entscheidung dazu war ganz spontan gefallen, weil es so ein schönes ruhiges Plätzchen war. Dabei habe ich dann wieder einmal eine Lektion in gambischer Lebensart bekommen: Obwohl niemand von uns die Leute dort jemals zuvor getroffen hatte, meinte Yusupha gleich, dass wir ja unseren Reis für den Abend zum Kochen dorthin bringen könnten. - Auf diese Idee wäre ich nie im Leben gekommen, aber für die Familie dort schien das Ansinnen tatsächlich völlig normal zu sein und so sind wir dann am Abend nach einigen Stunden Aufenthalt bei der Familie mit einem großen Topf voll gekochtem Reis wieder an Bord gerudert. Zuvor hatte Yusupha noch seine letzten Zigaretten an den Hausherren weiter gegeben (ohne zu wissen, dass es am nächsten Tag keine Einkaufsmöglichkeit geben würde...).

An dieser Stelle haben wir auch einen kleinen Ausflug in den Busch gemacht, wobei wir u. a. eine Begegnung mit afrikanischen Bienen hatten: Wir hatten zuvor schon ein paar verlassene Termitenbauten inspiziert und wollten nun gerade einen weiteren, ganz kleinen untersuchen, als Yusupha plötzlich ganz alarmiert meinte: "oh, these are bees!" und dann fing er auch schon an, zurück zu rennen. Ich hatte die Angelegenheit noch in keinster Weise als gefährlich begriffen, aber ich rannte erst mal mit, was die Lunge hergab, während Yusupha nach jedem ängstlichen Blick über die Schulter meinte: "They are still after us". Ich erlahmte bei dem Sprint so langsam und hätte dieses Tempo nicht mehr viel länger machen können. Also duckten wir uns erst Mal hinter einen Busch, während Yusupha die noch verbliebenen Verteidiger des Bienenstocks mit hochgeschleudertem Staub auf Distanz hielt. - Nach einem weiteren Sprint waren wir den Schwarm dann glücklicherweise bis auf einzelne Exemplare los. Später erzählten die beiden dann, dass Schwärme dieser Bienenart aus dem Busch in seltenen Fällen sogar schon Menschen getötet haben, wenn sie diese massenhaft gestochen haben. Auf jeden Fall wäre die Rückreise wohl für einige Tage unterbrochen gewesen, wenn sie uns erwischt hätten. Ich erinnerte mich dann, auch schon mal im Fernsehen einen Bericht darüber gesehen zu haben. Am gleichen Abend haben wir bei einem weiteren Ausflug dann sogar noch eine Gruppe Gorillas an einem Wasserloch gesehen (vielleicht auch doch Schimpansen, aber dafür waren sie eigentlich zu groß). - Leider nur aus der Ferne, aber näher heran zu gehen, wäre nicht ratsam gewesen. - Die Begegnung mit den Bienen war schon erst Mal genug Nervenkitzel.

Am folgenden Tag haben wir an einem sehr schönen ruhigen Platz mitten in der Wildnis übernachtet. Dort ist dann ein Flusspferd gerade mal 2m neben dem ankernden Schiff kurz aufgetaucht, um sich dann aber gleich wieder unter Wasser zu entfernen.

In der Ortschaft Kaur, hat Falou ein paar für unsere Begriffe entfernte Bekannte. Auch dort sind wir wie selbstverständlich reinmarschiert und haben darum gebeten, doch unser Abendessen vorgekocht zu bekommen. Yusupha umschreibt das immer sehr schön mit dem Satz "We are one large family", - jeder hilft jedem, wo er kann. Mit derselben Selbstverständlichkeit erwarten sie dann eben auch von mir, dass ich ihnen die Zigaretten bezahle, wenn ich gerade Geld in der Tasche habe. - Ist schon sehr gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie auch schön.

Falou musste uns an der nächsten Station, in Soma leider verlassen, da seine Eltern aus USA zu Besuch erwartet wurden. Der weitere Rückweg verlief dann ohne besondere Highlights oder Ereignisse und wir waren am 12. 2. wieder in Banjul, am 13. in Lamin Lodge und am Sonntag den 14. wieder beim Oyster Creek Camp.

Die britische Yacht Inlignea lag immer noch an ihrem Platz und inzwischen waren mehrere Parteien in das Rennen um die Überführung der Yacht nach England eingestiegen. Ich selbst bot auch an, die Überführung durchzuführen und ließ mir extra dafür noch von meinem alten Freund und Kunden Edgar Nullmeier ein Referenzschreiben übermitteln. Irgendwie wollte sich der Eigner aber nicht entscheiden, wen er denn nun beauftrage will und so beschloss ich schließlich doch wie ursprünglich geplant die Rückreise mit Milan Anfang April anzutreten.

31.3.2009 – 18.4.2009 Überfahrt zu den Azoren

Mit insgesamt 18 vollen Seetagen war die Rückreise nach Europa deutlich schneller als erwartet. Das lag daran, dass der Wind schon relativ bald nach der Abfahrt soweit drehte, dass ich einen mehr oder weniger direkten Kurs laufen konnte. Gerechnet hatte ich mit zu segelnden 2500-3000sm, tatsächlich waren es dann aber nur 1870 (ganz direkt wären es 1640 gewesen). Die Reise verlief ohne größere Zwischenfälle, lediglich der Großbaum und die Maschine bereiteten etwas Ärger, - die Probleme konnten aber mit Bordmitteln zumindest provisorisch behoben bzw. umgangen werden. Wer Näheres über diesen Reiseabschnitt wissen möchte kann im Tagebuch der Überfahrt weiter lesen.



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